Caritas: Standards der Jugendhilfe erhalten
Das geltende Recht der Kinder- und Jugendhilfe folgt dem Prinzip "So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig". Die kostengünstigere Maßnahme ist immer dann vorrangig, wenn eine teurere Maßnahme nicht notwendig ist. Auch das Wunsch- und Wahlrecht der Betroffenen ist insoweit ausdrücklich beschränkt.
Das gilt nicht nur für Minderjährige, sondern auch für junge Volljährige. Das Gesetz gibt den Jugendämtern den Auftrag, aber auch die Mittel, um die Hilfe zur Verfügung zu stellen, die wirklich gebraucht wird - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Caritas weiß aus der Praxis, dass Jugendämter großes Engagement zeigen, um jungen Ausländern in jedem Einzelfall passgenaue Leistungen zu bewilligen. Das kann eine Pflegefamilie, eine einfache Jugendwohngruppe mit nur geringem Personaleinsatz, aber auch eine stationäre Einrichtung mit höheren Kosten sein. Mit Eintritt der Volljährigkeit endet die Maßnahme oft, aber wenn es notwendig ist, kann sie auch fortgesetzt werden.
Es geht ums Geld
Ein politischer Vorstoß aus Bayern über den Bundesrat ging kürzlich dahin, dass die Maßnahmen standardmäßig mit dem 18. Geburtstag beendet werden. Nur in Ausnahmefällen soll weitere Hilfe zulässig sein.
Der Vorschlag aus Bayern zielte auch darauf ab, den Ländern eine Möglichkeit zu schaffen, die von ihnen zu tragenden Kosten für Leistungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge durch Rahmenverträge zu begrenzen. Wenn Jugendämter dann im Einzelfall teurere Leistungen für erforderlich hielten und diese auch bewilligten, fielen die Kosten den Kommunen zur Last. Schließlich soll nach diesen Vorstellungen die Verantwortung für Schutzkonzepte für Frauen und Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen an die Einrichtungsträger delegiert werden.
Dagegen wendet sich die Caritas mit Nachdruck. Denn bisher unterliegt die Kinder- und Jugendhilfe dem Prinzip der bedarfsgerechten Hilfe. Der politische Vorstoß der Bayern würde den Einstieg in den Ausstieg aus diesem Prinzip bedeuten. Der Rückzug der öffentlichen Träger aus der Verantwortung für Schutzkonzepte steht in direktem Widerspruch zur aktuellen Entwicklung im Kinder- und Jugendhilferecht: Das Bundesjugendministerium plant, die Heimaufsicht und damit die staatliche Verantwortung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen nachdrücklich zu stärken. Dieses Vorhaben reagiert auf die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit und hat in der Fachwelt große Zustimmung erfahren. Es wäre nach Ansicht der Caritas nicht zu verantworten, ausgerechnet für die besonders schwache Gruppe geflüchteter Frauen und Kinder in Erstaufnahmeeinrichtungen eine Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung einzuleiten.
Die Kinder- und Jugendhilfe ist ein komplexes Feld, das angesichts der großen Zahl von jungen Flüchtlingen zurzeit in besonderer Weise gefordert ist. Vor dem Hintergrund der aktuellen Erfahrung, dass gescheiterte Integrationsprozesse dramatische Folgen zeitigen können, ist es in der Jugendhilfe besonders notwendig, sich nicht von kurzfristigen fiskalischen Erwägungen leiten zu lassen.
Schreiben an Ministerpräsidentin
Die Jugendämter brauchen einen Rahmen, der es ihnen wie bislang ermöglicht, in jedem Einzelfall das Richtige zu tun. Die Betroffenen brauchen Jugendämter, die diesen Rahmen so nutzen, wie das SGB VIII das verlangt. Mit dieser Argumentation hat die Caritas in NRW Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gebeten, sich weiter für den Erhalt der bewährten Standards der Kinder- und Jugendhilfe einzusetzen.