Wir betreuen 10000 Flüchtlinge
Thomas Berding hat Anfang August die Regional- und Landesgeschäftsführung des Malteser Hilfsdienstes e. V. in NRW übernommen. Er folgt Oliver Mirring, der die Malteser Ende Juli verlassen hat. Jeder vierte Malteser in Deutschland lebt in NRW. Mit über 230 000 aktiven und fördernden Mitgliedern ist der NRW-Landesverband der mitgliederstärkste in Deutschland.
Caritas in NRW: Die Versorgung und menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen stellen das Land und die Kommunen vor enorme Schwierigkeiten. Was tun die Malteser?
Thomas Berding: Wir sehen diese schwierige Situation als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an, der wir uns als katholische Hilfsorganisation selbstverständlich stellen. Die Malteser unterstützen die Kreise und Kommunen seit Herbst 2014 in steigender Intensität in der Flüchtlingshilfe und haben in den letzten Wochen die Betreuung einer Vielzahl von Notunterkünften übernommen. Zurzeit betreuen wir rund 10000 Flüchtlinge in NRW. Wir arbeiten in Landesunterkünften, kommunalen Unterkünften, Zentralen Unterbringungseinrichtungen für Asylbewerber, in der Registrierung von Flüchtlingen und an den Bahnhöfen Köln und Düsseldorf. Bis Ende November wurden für diese Betreuung über 500 neue hauptamtliche Mitarbeiter eingestellt (Einrichtungsleiter, Betreuer, Dolmetscher usw.). Außerdem helfen wir bei der medizinischen Erstversorgung der Flüchtlinge und begleiten die mit dem Zug reisenden Flüchtlinge. Parallel dazu entwickeln wir aber auch Ideen, wie wir bei der Integration der vielen Tausend Menschen, die zu uns kommen, mitwirken können.
Caritas in NRW: Sie zeigen großen Einsatz bei der Betreuung von Flüchtlingen in NRW. Mit welchen Problemen haben Sie vor allem zu kämpfen?
Thomas Berding: Unser Engagement Ende 2014 und im Sommer dieses Jahres war nur dank unseres großen und starken Ehrenamtes möglich. Mitte 2015 waren wir aber an einem Punkt angelangt, an dem die Ehrenamtlichen entlastet werden mussten und wir damit begannen, hauptamtlich beschäftigte Mitarbeiter einzustellen. Oftmals ist der zeitliche Vorlauf für den Aufbau einer neuen Einrichtung sehr kurz, und es ist daher schwierig, in der Kürze der Zeit Mitarbeiter zu finden. Auch die Beschaffung der für eine Unterkunft notwendigen Ausstattung wird von Tag zu Tag schwieriger. Betten sind beispielsweise kaum noch zu bekommen. Dennoch läuft heute vieles besser als noch vor wenigen Monaten.
Caritas in NRW: Die Malteser sind auf Aufträge im Rettungsdienst finanziell angewiesen, gleichzeitig ist in diesem Geschäft der Kostendruck durch Ausschreibungen und private Konkurrenten enorm angestiegen. Wie können Sie darauf in Zukunft reagieren?
Thomas Berding: Der Rettungsdienst ist ein Kerndienst der Malteser und in NRW ein wichtiges Aufgabenfeld für alle Hilfsorganisationen. Wir sensibilisieren seit Jahren die Verantwortlichen in Politik und Verwaltungen, dass der Rettungsdienst ein wichtiger Teil der Notfallvorsorge ist. Die aktuelle Flüchtlingssituation zeigt sehr deutlich, dass deren Bewältigung nur aufgrund der ehrenamtlich getragenen Katastrophenschutzstrukturen möglich ist. Einen derart leistungsfähigen Katastrophenschutz haben wir aber insbesondere dank seiner engen Verzahnung mit dem Rettungsdienst. Wir müssen den für die vom Gesetzgeber geforderten Ausschreibungen verantwortlichen Kreisen und Kommunen den Mehrwert einer Beteiligung von Hilfsorganisationen im Rettungsdienst für den Bevölkerungsschutz und die Gefahrenabwehr immer wieder verdeutlichen. Das novellierte Rettungsdienstgesetz wird unseren Forderungen stärker Rechnung tragen, aber noch ist es nicht umgesetzt.
Caritas in NRW: Sie selbst sind erst seit August im Amt, mussten im Angesicht der Flüchtlingskrise direkt durchstarten. Wie geht es weiter?
Thomas Berding: Wir werden unser Ehrenamt stärken, bestehende Dienste weiterentwickeln und mit neuen beginnen. Immer getragen von der Idee, uns da einzubringen, wo wir Nöten begegnen können. Unsere Kerndienste, der Fahrdienst und der Rettungsdienst, haben eine schwierige Zeit hinter sich. Ich bin von unserer Qualität und Leistungsfähigkeit überzeugt und sicher, dass wir neue Aufträge übernehmen werden.
Fragen von Markus Lahrmann, Interview per E-Mail