Kliniken schlagen Alarm
"Wir fordern von Krankenkassen und Politik eine redliche Diskussion über die Versorgungsrealitäten in den Krankenhäusern", erklärte der Vizepräsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), Joachim Finklenburg, bei der zentralen Auftaktveranstaltung der NRW-Kliniken in Düsseldorf. Die Kampagne der Krankenhäuser habe zum Ziel, die Bedeutung und die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu würdigen und stärker ins Bewusstsein zu rufen, unterstrich Finklenburg. Zugleich solle mit der Kampagne die Politik auf die Notwendigkeit zur Bereitstellung fairer Rahmenbedingungen aufmerksam gemacht werden.
Die völlig unzureichende Investitionskostenfinanzierung der nordrhein-westfälischen Kliniken kritisierte auch Oliver Lohr vom Diözesan-Caritasverband Paderborn. Bei einem Investitionsbedarf von jährlich rund 1,2 Milliarden Euro betrage die Landesförderung weniger als die Hälfte, nämlich rund 500 Millionen Euro. "Das Land NRW ist verpflichtet, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern sicherzustellen, und muss dieser Verantwortung auch dringend finanziell nachkommen", sagte Lohr. "Gerade die kleinen Krankenhäuser schreiben rote Zahlen und werden durch eine strukturelle Unterfinanzierung in ihrem Bestand gefährdet."
Caritas begrüßt Qualitätsoffensive
Gleichzeitig begrüßte der Diözesan-Caritasverband Paderborn die von der Bundespolitik im Koalitionsvertrag angekündigte Qualitätsoffensive für die Krankenhäuser, unterstützt aber zugleich die Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft nach einer Refinanzierung der Kosten der Qualitätssicherung, die sich in Form von mehr Personal sowie höherer sächlicher und baulicher Aufwendungen darstellt. "Jede Qualitätssteigerung kostet eben auch Geld", betonte Lohr.
Ähnlich argumentierte die KGNW: Wie kein anderer Bereich des Gesundheitswesens seien die Krankenhäuser bei der Verbesserung der Qualität aktiv. Die nordrhein-westfälischen Krankenhäuser hätten in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, Qualität, Hygiene und Sicherheit zu verbessern. Die Klinken hätten nichts zu verbergen und beförderten auch mit der Einrichtung des Melde- und Lernsystems "CIRS NRW" für medizinische Beinahe-Fehler eine offene Fehlerkultur. Allerdings müssten die Kosten der Qualitätssicherung refinanziert werden. Dies in den Vergütungssystemen sicherzustellen, sei eine zentrale Erwartung der Krankenhäuser an die von der Politik angekündigte Qualitätsoffensive. "Nur von den Kliniken zu fordern, ohne sie bei der Qualität zu fördern, geht nicht", unterstrich KGNW-Vizepräsident Finklenburg, der die Krankenkassen angriff: "Ich kann nur an Politik und Medien appellieren, der vorgeschobenen Qualitätsargumentation einiger Krankenkassen nicht auf den Leim zu gehen. Hinter der Forderung der Kassen nach qualitätsorientierter Vergütung steht das Ziel, Krankenhausleistungen einem Preiswettbewerb auszusetzen, bei dem die Qualität auf der Strecke bleibt. Selektivverträge schränken die freie Krankenhauswahl der Patienten massiv ein und gefährden durch ihre Ungewissheit eine vernünftige ärztliche Weiterbildung", kritisierte Finklenburg.
Einsparungen nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter
Die zentrale Zukunftsaufgabe für die Krankenhäuser sei die Personalsicherung. Die Teilhabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der wirtschaftlichen Entwicklung sei eine maßgebliche Voraussetzung für die Sicherung der Attraktivität der Beschäftigung in den Berufen des Gesundheitswesens. Allerdings müssten Tarifsteigerungen über die Vergütungssysteme auch eins zu eins refinanzierbar sein. Noch mehr Rationalisierungsdruck ginge zulasten von Qualität und Sicherheit. Die aktuelle Arbeitsbelastung der Ärzte und Pflegenden belege im internationalen Vergleich schon einen fragwürdigen Spitzenplatz und habe eine ungesunde Effizienz.
"Die Sorge wächst, dass die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser immer mehr zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Service und Pflege realisiert werden muss. Das lehnen wir als gemeinnütziger Krankenhausträger ab und fordern, die Fallkostenvergütungen an die allgemeinen Kostensteigerungen, insbesondere aber an die Tariferhöhungen zu koppeln", erklärte Jürgen Braun, Geschäftsführer des Verbundes Katholischer Kliniken Düsseldorf (VKKD).
Radikaler Bettenabbau seit 1995
Die KGNW zählt in Nordrhein-Westfalen 385 Kliniken, davon sind rund 200 Häuser katholisch, meist kleinere Krankenhäuser in ländlichen Regionen. In allen Kliniken zusammen versorgen laut Krankenhausgesellschaft 250000 Beschäftigte jährlich 4,4 Millionen Patienten. Seit 1995 sind in NRW nahezu 100 Häuser geschlossen worden. Zugleich wurde die Zahl der Krankenhausbetten von 150000 auf 120000 reduziert. Experten prognostizieren für die kommenden Jahre den Abbau weiterer 8500 Betten.
Mehr Informationen zur DKG-Kampagne "Wann immer das Leben uns braucht" unter www.ihre-krankenhaeuser.de