Der Realität ins Auge blicken
"Wir müssen davon ausgehen, dass für eine sehr lange Zeit sehr viele Flüchtlinge aus Afrika und dem kriegszerrissenen Mittleren Osten kommen", erklärt Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig. "Diese Regionen werden möglicherweise über Jahre hinweg nicht zur Ruhe kommen."
Alle Versuche, Flüchtlinge mit immer massiveren Methoden abzuschrecken und von Europa fernzuhalten, seien menschenunwürdig. Deutschland und alle anderen Länder Europas müssten der Realität ins Auge blicken und ihre Rolle als sichere Zufluchtsorte annehmen sowie systematisch gestalten. Eine solche Entscheidung bedeute nicht, "dass alle kommen können", betont Lüttig. "Es heißt zunächst, dass an geeigneten Standorten ausreichende und dauerhafte Unterkünfte gebaut werden." Hierfür müsse einmalig, aber planvoll investiert werden. "Kleinteilige und unsystematische Lösungen helfen nicht weiter." Die humanitären Standards dieser Unterkünfte sollten den Bedürfnissen von traumatisierten Flüchtlingen, Familien mit Kindern oder allein fliehenden Frauen entsprechen. Zu den Standards gehöre auch geeignetes Personal. Zentrale Unterkunftseinrichtungen eines Bundeslandes müssten gleichermaßen auf alle Regionen verteilt werden.
Die Caritas regt einen gemeinsamen Kraftakt von Bund, Ländern, Gemeinden und der Zivilgesellschaft an. Dabei verweist der Verband auf die von Fraktionen des nordrhein-westfälischen Landtags getragene Entschließung "Integrationsoffensive Nordrhein-Westfalen" aus dem Jahr 2001 zur Förderung der Integration von Einwanderern. "Ein solcher Konsens zum Umgang mit Flüchtlingen in NRW könnte Grundlage für eine zukunftsfähige Flüchtlingspolitik sein", betont Josef Lüttig. Darüber hinaus fordert der Diözesan-Caritasverband Paderborn die Einrichtung eines Runden Tisches zur Situation von Flüchtlingen in NRW und unterstützt Forderungen nach einem Landes-Flüchtlingsbeauftragten.
Aktuell gehe es zunächst um einen vernünftigen, mitfühlenden Umgang mit Flüchtlingen. "Diese Menschen entfliehen oft der Hölle", so Lüttig. Sie dürften nicht als "Welle" oder als "Überschwemmung" angesehen werden. "Wir wehren uns gegen eine Mentalität des Hin- und Herschiebens oder des bloßen Abfertigens der Betroffenen." Nötig sei ein neue "Kultur des Willkommens", in der Flüchtlinge zu einem selbstverständlichen Bestandteil des Alltags in unserer Gesellschaft wärden. Auch die Kirchengemeinden sind eingeladen, an dieser Kultur mitzuwirken. So hat das Erzbistum Paderborn jetzt eine Million Euro für entsprechende Projekte vor Ort zur Verfügung gestellt.
cpd