Stellungnahme der Werkstatträte des Josefsheim
In einer Anzeige von 18 Sozialverbänden auf die Anfrage der AfD zu Menschen mit Behinderung heißt es: "Wir rufen die Bevölkerung auf, wachsam zu sein und sich entschlossen gegen diese unerträgliche Menschen und Lebensfeindlichkeit zu stellen." Angesichts dessen, dass die AfD in Frage 4 ihrer Anfrage einen direkten Zusammenhang zwischen Behinderung und Inzucht (Zahl der Behinderung, die durch Heirat innerhalb der Familie entstanden sind) herstellt und in Frage 5 suggeriert, bei Menschen mit Migrationshintergrund könnte die Zahl insbesondere in diesen Fällen noch höher liegen, schließen wir uns als Landes-Arbeitsgemeinschaft der Caritas Werkstatträte von NRW diesem Aufruf unbedingt an. Als besonders schlimm empfinden wir es auch, wenn im Vorwort dieser Anfrage behauptet wird, dass eine britische Studie zu dem Schluss kam, dass 60 Prozent der Todesfälle und Erkrankungen betroffener Kinder hätten vermieden werden können, "wenn die Inzucht beendet würde". Dass die AfD an anderer Stelle ihrer Anfrage anerkennt, dass es noch andere Ursachen für Schwerbehinderung gibt, macht die Sache dann auch nicht mehr viel besser. Dass der Anteil der Schwerbehinderten Menschen mit Migrationshintergrund nicht unverhältnismäßig hoch ist, wie es die AfD suggerieren möchte, macht die Statistik deutlich (2015: Deutsch: 7.193.115 / Nichtdeutsch: 422.445). Dass sich die AfD dagegen verwahrt, wenn sich nicht nur Vertreter von Sozialverbänden an "dunkelste Zeiten der deutschen Geschichte" erinnert fühlen, "in denen Menschen mit Behinderung das Lebensrecht aberkannt wurde", ist sicherlich nachvollziehbar. Aber wenn Nicole Höchst als eine der Autorinnen der Anfrage erklärt, es ging ihnen um Steuerung und Handlungswissen, so spricht dies Bände. Da fragt man sich, was gesteuert werden soll und inwiefern gehandelt werden soll. Wenn Peter Dabrock, als Vorsitzender des Deutschen Ethikrates angesichts all dessen davon spricht, dass die Anfrage den Eindruck vermittelt, "die Zunahme von Behinderung" sei "ein gesellschaftliches Übel", so hat er hier vollkommen Recht.
Als Landes-Arbeitsgemeinschaft der Caritas Werkstatträte von NRW sind wir entsetzt über diese Sichtweise. Und das in einer Zeit, wo von Teilhabe und Inklusion die Rede ist. Auch wenn die AfD von Inklusion nichts wissen will, sollte sie doch zur Kenntnis nehmen, dass hinter jedem Menschen mit Behinderung ein Mensch mit eigenen Vorstellungen und Ansichten steht, ein Mensch mit seiner eigenen Art das Leben zu genießen, vielleicht, sicherlich, in bestimmten Situationen, auch hier und da behinderungsbedingt, mit der der einen oder anderen Sache zu hadern, aber zumeist Freude am Leben zu haben. Behinderung bedeutet auch Vielfalt, nicht nur beim Sport. Behinderung bedeutet sicherlich auch den Kampf gegen mancherlei Barrieren, die es so weit als möglich, nach und nach abzubauen gilt. Wir sind Menschen, die je nach Interesse, sportlich aktiv sind, kulturelle oder informative Angebote mögen, Spaß am Feiern haben oder die Geselligkeit lieben, aber auch für unsere Rechte eintreten. Die Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderung ist so unterschiedlich wie die Gesellschaft an sich. Dieses als Problem zu sehen oder gar als "gesellschaftliches Übel", stößt auf unsere entschiedene Ablehnung.