1. (Teil-)stationäre und ambulante Hilfen zur Erziehung arbeiten insbesondere während der COVID-19-Pandemie durchgehend für den Kindesschutz!
(Teil-)Stationäre und ambulante Hilfen zur Erziehung (§ 27 ff. SGB VIII) erfüllen kinderschutz-rechtliche Funktionen und werden daher nicht vorübergehend geschlossen oder eingestellt, wie die NRW-Landesregierung dies für Kindertagesstätten und Schulen erlassen hat. Mitarbeitende der Kinder- und Jugendhilfe tragen insbesondere während der COVID-19-Pandemie mit ihrem Einsatz zur Erziehung, Betreuung und Bildung sowie zum Schutz und zum Wohl von Kindern und Jugendlichen bei. Erzieherische Arbeit in den Einrichtungen der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe ist täglich intensive Beziehungsarbeit, pädagogische Betreuung und alltägliche Versorgung von oft traumatisierten Kindern und Jugendlichen, die mit Abstandsregeln nicht geleistet werden kann. Mitarbeitende in der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe arbeiten bei Corona-Infektionen in der sog. Schleusenquarantäne weiter, um die Versorgung der anvertrauten Kinder und Jugendlichen sicher zu stellen. Daher benötigen sie dringend einen Gesundheitsschutz analog der Krankenhäuser oder Altenpflegeheime.
Ambulante Hilfen zur Erziehung werden in Umsetzung des Beratungs- und Hilfeauftrags weiterhin vor Ort, in den begleiteten Familien zuhause, erbracht. Die Mitarbeitenden suchen die betreffenden Familien in ihren Wohnungen auf, um an einer Verbesserung des Kindeswohls zu arbeiten, die Familien zu betreuen und ggf. zu versorgen. Sie ermöglichen mit ihrer pädagogischen Arbeit, dass Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihres Alters und ihrer Entwicklung besonders geschützt werden müssen, sicher, verlässlich und angemessen häuslich versorgt und betreut werden. Diese aufsuchenden, ambulanten Hilfen zur Erziehung sind gerade in Anbetracht von Home-Schooling und pandemiebedingtem Notbetrieb der Kindertagesstätten für Familien besonders wichtig. Daher benötigen sie dringend einen Gesundheitsschutz analog der Krankenhäuser oder Altenpflegeheime.
Mit vielen Problemstellungen, die sich aus der COVID-19-Pandemie im Arbeitsalltag für die Einrichtungen der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe ergeben, werden deren Träger leider seitens der politisch Verantwortlichen auf Bundes- und Landesebene allein gelassen. Dabei bleibt unverständlich, dass die Hilfen zur Erziehung als staatliche Hilfen für Familien nicht gleich behandelt werden mit anderen staatlichen Angeboten wie der Vorschulerziehung in Kindertagesstätten oder Schulen. Landesjugendminister Dr. Stamp verweist mit seinem Bericht vom 08.12.2020 zum Thema "freiwillige und kostenlose Testungsmöglichkeit für in (teil-)stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Tätige", dass die Aufgabenfelder der (teil-)stationären und der ambulanten Kinder- und Jugendhilfe keine vulnerablen Gruppen umfassen und verweist auf die Verantwortlichkeit kommunaler Gesundheits- und Ordnungsämter. Die Dienste und Einrichtungen der Erziehungshilfe werden durch unterschiedliches Handeln kommunaler Gesundheits- und Ordnungsämter zusätzlich belastet.
Unsere Forderung: Die Einrichtungen der (teil-)stationären und der ambulanten Kinder- und Jugendhilfe sind ausdrücklich in die CoronaSchVO sowie flankierende Verordnungen (z. B. Allgemeinverfügung TestVO) aufzunehmen und den Kindertagesstätten und Schulen gleichzustellen.
2. PCR- und PoC-Antigen-Testungen (Corona-Schnelltests) und deren
Finanzierung
Die (teil-)stationäre und ambulante Kinder- und Jugendhilfe muss bei der Testung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern flächendeckend und anlassunabhängig berücksichtigt werden. Diese haben, analog zu Lehrkräften sowie Erzieherinnen und Erziehern in der Kindertagesbetreuung, viel und engen Kontakt mit Kindern, Jugendlichen und deren Familien. Eine Berücksichtigung in den präventiv angelegten Teststrategien ist erforderlich, um infizierte Personen schnell zu identifizieren und Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen.
Auf kommunaler Ebene konnten in gemeinsamer Anstrengung mit den öffentlichen Jugendhilfe-trägern und örtlichen Gesundheitsämtern bisher leider nur mancherorts praxisorientierte Lösungen, insbesondere zur Durchführung von präventiven Testungen, für Einrichtungen der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe gefunden werden. In NRW wären insgesamt einheitliche Verfahrensweisen, die gleichermaßen in allen Diensten und Einrichtungen die notwendigen Testungen ermöglichen, umzusetzen z. B. durch Aufnahme der Einrichtungen der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe in die Allgemeinverfügung auf der Basis der Bundes-TestVO.
Es wären - vergleichbar den Settings der stationären Pflegeeinrichtungen oder den Angeboten für vulnerable Gruppen - PoC-Antigen-Testungen (Corona-Schnelltests) in den Einrichtungen zu ermöglichen. Mitarbeitende erleben täglich eine Vielzahl von Kontaktbegegnungen mit Kindern und Jugendlichen. Auch im Kontext der Besuchsregelungen in den stationären Jugendhilfeeinrichtungen ist die Durchführung von Schnelltests für Jugendliche und deren Angehörige gleichermaßen von Bedeutung.
Unsere Forderung: PCR-Testungen müssen, analog zu den Handlungsfeldern Kindertagesstätte und Schule (sechs Testungen bis zu den Osterferien), allen Mitarbeitenden der Erziehungshilfe anlassunabhängig kostenfrei zur Verfügung stehen. Die Einrichtungen der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe sind in die Corona-Testverordnung (hier § 4 BundestestVO) bzw. in die Allgemeinverfügung des Landes NRW aufzunehmen und Regelungen zur Finanzierung der PoC-Antigen-Testungen (Schnelltests) und PCR-Testungen zu treffen.
3. Hilfen zur Erziehung im Kontext der NRW-Impfstrategie
Die Impf-Priorisierung des Landes NRW sieht drei Stufen vor. Hier ist die Berufsgruppe der Erzieher*innen in Stufe 3 erfasst, ebenso die Berufsgruppe der kritischen Infrastruktur.
Fachkräfte der stationären und ambulanten Erziehungshilfe leisten vergleichbar der Erziehe-rinnen in den Kindertagesstätten Beziehungs- und Betreuungsarbeit nah an und mit den Kindern aber auch im häuslichen Umfeld der Familien. Kinder und Jugendliche aus den stationären Einrichtungen besuchen ihre Eltern, die zum Teil in prekären Millies leben. Geminderte Hygiene und unzureichender Umgang der Familien mit den Corona-Verordnungen gefährden die Mitarbeitenden in der Erziehungshilfe. Vergleichbar den Lehrkräften und den Erzieherinnen und Erziehern wären die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe gleichermaßen der Stufe 3 zuzuordnen, da auch sie der Sicherung des Kinderwohls dienen und damit eine für das Gemeinwesen besonders relevante Funktion erfüllen.
Unsere Forderung: Mitarbeitende in der (teil-)stationären und ambulanten Kinder- und Jugendhilfe sind in Stufe 3 der Impf-Priorisierung der NRW Impfstrategie aufzunehmen.
4. EDV-Ausstattung als Voraussetzung zur Teilhabe an digitaler Bildung
Während der Corona-Pandemie hat sich das Home-Schooling zur Eindämmung des Infektions-geschehens etabliert. Die Teilhabe an der veränderten Schulsituation und die damit verbundene Teilhabe an digitaler Bildung setzt entsprechende digitale Zugänge und EDV-Ausstattungen voraus - auch als Zukunftsanforderung über die Coronazeit hinaus.
Empfänger*innen von Hilfen zur Erziehung sind in der Regel Familien mit Transferleistungsbezug, bzw. aus einem einkommensschwachen Milieu. Es braucht besondere politische Anstrengungen, diesen Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an digitaler Bildung zu ermöglichen.
Den Kindern und Jugendlichen in den Einrichtungen der (teil-)stationären Kinder- und Jugendhilfe fehlen adäquate EDV-Ausstattungen, um für eine abgesicherte Teilnahme am Home-Schooling ausgerüstet zu sein. Die Praxis zeigt, dass es auf der kommunalen Ebene sehr unterschiedliche und mancherorts auch nur sehr mühsam erzielte Regelungen zur Finanzierung der EDV-Ausstattung gibt.
Unsere Forderung: Die digitale Ausstattung für Kinder- und Jugendliche zur Teilnahme an der (digitalen) Bildung und Teilhabe muss öffentlich finanziert werden. Zudem fordern wir die dazu-gehörige Finanzierung der IT-Infrastruktur für die Träger der stationären Erziehungshilfe, damit der Anspruch auf digitale Teilhabe für die jungen Menschen gewährleistet werden kann.