Düsseldorf - Haushalte mit geringem Einkommen brauchen nach Ansicht der Caritas in NRW eine gesicherte Entlastung für ihren Aufwand beim Klimaschutz. Bei einer Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag forderte der Verband am Donnerstag größere Anstrengungen für eine sozial gerechte Transformation zur Klimaneutralität.
"Die Klimakrise trifft Menschen mit wenig Geld am härtesten, gerade die, die sich schwerer schützen können", sagte der Sprecher die Caritas in NRW, der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Dr. Frank Johannes Hensel. Dabei trügen sie pro Kopf erheblich weniger zum CO2-Ausstoß bei als Menschen mit hohem Einkommen.
Stellvertretend für diese Menschen steht die Figur "Jenny", mit der die Caritas vor dem Landtag für sozial gerechten Klimaschutz wirbt. Menschen wie Jenny, die Vollzeit arbeiten und kaum mehr als den Mindestlohn verdienen, spüren steigende Energiekosten und Lebensmittelkosten deutlich stärker als andere. "Wenn CO2-Emissionen in den kommenden Jahren zunehmend verteuert werden, müssen einkommensschwache Haushalte gezielt entlastet werden", forderte Hensel. Das deshalb im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld finde im Klimaschutzprogramm der Bundesregierung nun keine Erwähnung mehr, kritisierte der Caritas-Chef. "Wir halten die Erhöhung des CO2-Preises ab 2024 für unverzichtbar und fordern aus sozialpolitischer Sicht flankierende Entlastungen für sozial Benachteiligte."
Für die Caritas in NRW sind auch auf Landesebene konkrete Maßnahmen erforderlich:
"Ein 29-Euro-Ticket und ein verlässlich getakteter Nahverkehr nutzen sowohl dem Klima als auch Menschen mit geringem Einkommen", forderte Hensel. Die Aufwertung von Wohnraum durch energetische Sanierungen, dürfen nicht einfach auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden, so die Caritas. "Förderprogramme müssen sozial gestaffelt werden und Fördermodelle müssen sicherstellen, dass sich sowohl die Kalt- als auch die Warmmiete die Mieter mit geringem Einkommen nicht überfordert", betonte Hensel. Besondere Förderung verdiene die Modernisierung des Wohnungsbestandes im sozialen Wohnungsbau.
Die Caritas bekräftigte mit Nachdruck ihre Unterstützung für eine konsequente Klimapolitik: "Das Bundesverfassungsgericht hat unmissverständlich klargestellt, dass die notwendigen Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen nicht weiter in die Zukunft verschoben werden dürfen", betonte Hensel. Deswegen setze sich die Caritas mit ihrer Kampagne "Für Klimaschutz, der allen nutzt" dafür ein, konsequent und klug die Rahmenbedingungen für einen sozial gerechten Klimaschutz zu gestalten.
Klimatransformation des Sozial- und Gesundheitswesens
Energische Maßnahmen für die energetische Sanierung von Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe fordert die Caritas in NRW von der Landesregierung. Grüne und CDU müssten endlich ernst machen, damit die Klimaziele auch von Altenheimen und Behinderteneinrichtungen erreicht werden könnten. Dafür müssen sich die Refinanzierungsbedingungen und Planungsauflagen ändern.
"Bei vielen Gebäuden gibt es ein großes Energie-Einsparpotential und wir sehen bei den Trägern einen enormen Willen zum Klimaschutz", sagte Hensel bei der Kundgebung vor dem Landtag. Doch immer noch blockierten ein enger Finanzrahmen, Hürden in Genehmigungsverfahren und behördliche Auflagen bei Neu- und Umbauten sinnvolle Maßnahmen für den Klimaschutz.
"Vielfältige Förderprogramme von Bund und Ländern laufen bei Sozialimmobilien der Alten- und Behindertenhilfe oft ins Leere", kritisierte Hensel. Die Träger von Altenpflege- und Behinderteneinrichtungen würden von der Partizipation an Zinsvergünstigungen und Tilgungszuschüssen geradezu ausgeschlossen.
"Grüne und CDU in Nordrhein-Westfalen haben im Koalitionsvertrag vereinbart, Klimaschutz-Maßnahmen in Einrichtungen der stationären Altenhilfe und Behindertenhilfe finanzierbar zu machen", sagte Hensel. Bislang würde die angestrebte Klimawende im Sozialsektor durch die gesetzlichen Refinanzierungsbedingungen quasi konterkariert.
Dies sei entscheidend für mehr Nachhaltigkeit, denn der CO2-Fußabdruck der in Einrichtungen betreuten Menschen werde nur zu einem sehr geringen Anteil durch deren individuelles Verhalten wie Konsumentscheidungen oder Reisen beeinflusst, betonte Hensel.
Praxisbeispiel Photovoltaik:
Einsparungen von bis zu 30 Prozent des Stromverbrauchs sind in Heimen schon heute möglich. Dieses Einsparpotential ist nicht hoch genug zu schätzen, denn die Stromverbrauchskurve eines Altenheimbetriebes verläuft kongruent zur Sonneneinstrahlung. Im Gegensatz zu Eigenheimen mit ihrem hohen Stromverbrauch am Abend, wenn gekocht oder gewaschen und getrocknet wird, der Fernseher läuft und das Internet genutzt wird, wird der eigenproduzierte Strom im Bewohneralltag der Einrichtungen bereits den Tag über verbraucht.