Glaubwürdig und wettbewerbsfähig bleiben
Herr Roth, für wen gelten die Transparenzstandards und wie verbindlich sind sie?
Die jetzt beschlossenen Transparenzstandards gelten für alle Mitglieder von Caritas und Diakonie. Alle Verbände und Rechtsträger sollen diese Standards umsetzen. Sowohl bei uns als auch bei der Diakonie haben wir es mit tausenden von rechtlich selbstständigen Rechtsträgern zu tun. Denen können sie Transparenz nicht einfach wie in einem Konzern verordnen. Deshalb haben wir die Standards als Selbstverpflichtung entwickelt.
Ich bin überzeugt davon, dass sie von vielen umgesetzt wird, denn der Ausbau der Transparenz ist eine Investition, von der alle profitieren.
Warum führen Caritas und Diakonie eigene Transparenzstandards ein?
Für uns war Transparenz schon immer ein Thema. Schließlich erhalten wir öffentliche Gelder, Spenden und Mittel aus Soziallotterien, mit denen wir treuhänderisch umzugehen haben. Selbstverständlich sollen sich auch die Kunden und Klienten einer Caritas-Einrichtung über deren wirtschaftlichen Verhältnisse informieren können.
Das sind nur zwei Gründe, weshalb wir die berechtigte gesellschaftliche Forderung nach mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit nun offensiv aufgreifen. Dadurch wollen wir die eigene Glaubwürdigkeit und unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Was verlangen Sie von Ihren Mitgliedern?
Uns ist wichtig, dass die Rechtsträger von Caritas und Diakonie einen Mindeststandard an Transparenz erfüllen - unabhängig von gesetzlichen Vorgaben, die es zum Beispiel für Kapitalgesellschaften bereits gibt. Sie sollen Rechenschaft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse und ihre Leistungsfähigkeit ablegen. Wir erwarten auch, dass sie die Organ- und Mitarbeiterstrukturen veröffentlichen und erklären, wie sie Spenden verwenden. Wir ergänzen in unserer Vereinbarung diese Standards mit Ideen, die Einrichtungen und Träger zusätzlich umsetzen können. Zum Beispiel, indem sie einen Sozial- und Umweltbericht erstellen.
Haben Sie keine Angst, Ihre Mitglieder zu überfordern?
Es gibt Rechtsträger, die die Vorgaben der neuen Transparenzstandards bereits in ihren Geschäftsberichten umgesetzt haben. Vor allem kleinere Träger und Einrichtungen tun sich da schwerer, weil ihnen die Ressourcen fehlen, mehr für ihre Transparenz zu tun. Dem tragen die neuen Standards Rechnung. Liegen keine oder nur wenig Erfahrungen vor, ist eine schrittweise Einführung möglich. Wichtig ist uns, dass sich unsere Rechtsträger systematisch und mit klarem Ziel auf den Weg machen.
Ist ein Mehr an Transparenz nicht auch mit Risiken verbunden?
Vor der Verabschiedung der Transparenzstandards gab es genau darüber Diskussionen in Caritas und Diakonie. Vorbehalte hatten vor allem Einrichtungen, die sich zum Großteil über Leistungsentgelte von Kranken- und Pflegekassen finanzieren. Sie befürchten, dass die Sozialleistungsträger ihre Daten falsch interpretieren. So könnten Rücklagen beispielsweise zum Anlass werden, die Leistungsentgelte einzufrieren. Es wird künftig unsere Aufgabe sein, den Kostenträgern zu vermitteln, wofür diese Gelder angelegt sind - zum Beispiel für den Erhalt der Immobiliensubstanz und damit im Sinne der Menschen, für die unsere Angebote sind.