„Ist Arnsberg eine soziale Stadt?“
Caritas-Verband Arnsberg-Sundern e. V.
Vormittags waren bereits Mitarbeiter/innen der Behinderteneinrichtungen des Caritas-Verbandes in der Neheimer Fußgängerzone mit einem Stand präsent und mit Info-Material unterwegs. So wurden die Meinungen und Forderungen von Passanten zum Thema Inklusion "eingefangen". Auch hier wurde deutlich, dass es noch vieler Verbesserungen bedarf - aber das Wichtigste ist das Umdenken im Kopf.
Diskutiert wurden drei Themenbereiche: Pflege und demografischer Wandel, Inklusion und Unterstützung von schwerbehinderten Menschen sowie Armut und Arbeitsmarktpolitik. "Der Caritasverband bringt sich sozialpolitisch ein, weil wir nicht nur Anbieter von sozialen Dienstleistungen, sondern Anwalt der Benachteiligten und der Menschen sind, die am Rande der Gesellschaft stehen. Darüber hinaus sind wir auch Solidaritätsstifter, um zivilgesellschaftliches Engagement und soziale Verantwortungsübernahme zu fördern ", leitet Christian Stockmann, sozialfachlicher Vorstand des Caritasverbandes, in die Diskussionsrunde ein.
Für die CDU nahm Rosemarie Goldner teil. Aus ihrer Sicht ist Arnsberg bereits "eine soziale Stadt, in der viel für Menschen mit Demenz und Handikaps getan wird", so Goldner. "Das Verständnis für alte und pflegebedürftige Menschen sowie Menschen mit Handikaps muss jedoch ganz früh geweckt werden - und damit fängt man am besten bei den Kindern im Kindergarten an".
Die SPD wurde von Bürgermeisterkandidat Gerd Stüttgen vertreten. Bei der Frage, ob er seinen Kindern einen Beruf in der Pflege empfehlen würde, antwortete er mit einem eindeutigen Ja, weist aber eindringlich darauf hin, "es muss noch mehr für pflegebedürftige Menschen getan werden, da die Überalterung in der Stadt Arnsberg besonders stark ausgeprägt ist und zukünftig nicht alle Menschen in stationären Einrichtungen untergebracht werden können". Also: ambulante vor stationärer Versorgung ist das Mittel der Wahl. Stüttgen weiter "ich hoffe, dass auch in Arnsberg die Umsetzung eines Sozialen Arbeitsmarktes möglich wird". Die SPD wird dies politisch unterstützen.
Für das Bündnis90/Die Grünen ging Hans Wulf auf´s Podium. Er ist der Meinung, dass die Pflegeversicherung nicht dafür ausgerichtet ist, die Pflegebedürftigkeit komplett abzusichern. Leider ist aus ihr ein "Machtkampf von politischen und wirtschaftlichen Interessen geworden, bei dem die alten und behinderten Menschen sowie die Armen auf der Stecke bleiben", so Wulf. Die Kommunalpolitik hat an dieser Stelle leider zu wenig Einfluss, um etwas zu verändern. Seine Aussage in Bezug auf die Arbeitsmarktpolitik: "Ich setze mich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Arnsberg u.a. stark für den geplanten Holzenergiehof ein. Was woanders geht, sollte in Arnsberg doch auch möglich sein."
Renate Niemand von der FDP hat als Rezept zur Meisterung der Zukunft eine gute Durchmischung der Gesellschaft im Gepäck. "Die Stadt Arnsberg muss für Menschen aller Generationen lebenswert sein, um den Herausforderungen der demografischen Entwicklung, Inklusion und Armut zu begegnen", so Niemand.
Der jüngste Teilnehmer auf dem Podium Daniel Wagner von der Piratenpartei zeichnet ebenfalls das Bild der Gesellschaft in 20 Jahren, das nicht sehr rosig wird, wenn man jetzt verpasst, in Barrierefreiheit zu investieren. "Eine Investition in die Zukunft, die sich auszahlen wird, damit Jung und Alt zusammenleben können", so Wagner. Er geht auch davon aus, dass zukünftig auch Mehrgenerationenhäuser funktionieren können, in denen Jung und Alt zusammenleben und sich gegenseitig unterstützen.
Jürgen Antoni von der AfD hat seiner Tochter zum Pflegeberuf geraten. Aus seiner Sicht ist nicht die Bezahlung das Problem, sondern die Anerkennung diese Arbeit. "Pflegeheime benötigen ein Qualitätsmanagement, aber keine überbordende Bürokratie", so Antoni. Nach seiner Aussage haben die etablierten Parteien vieles falsch gemacht.
Caritas-Verband Arnsberg-Sundern e. V.
Für Die Linke setzte sich Martin Werner insbesondere für die Interessenvertretung von behinderten Menschen ein. "Die Vertretung muss transparent gestaltet und als Ansprechpartner greifbar sein", so Werner. Es darf nicht länger über, sondern es muss mit Behinderten gesprochen werden.
Die Vertreter der Beiräte der Caritas-Wohnheime und des Werkstattrates der Caritas-Werkstätten trugen zudem ihre Anliegen vor und hatten die Möglichkeit, die Politiker direkt anzusprechen. Von ihnen wurde eine deutliche Forderung an das Podium gestellt: "Redet nicht ohne uns über uns. Wir möchten mitreden!", so Sandra Neuber und Peter Bösel. Insbesondere die barrierefreie Ausstattung des Bahnhofes sowie des ÖPNV lagen ihnen des Weiteren am Herzen.
Zum Thema Arbeitsmarktpolitik und Armut war es Moderator Paul Senske (Radio Sauerland) ein Anliegen, auf die vorhandene Armut und insbesondere die Kinderarmut einzugehen. 600 Kinder müssen jede Woche die Leistungen der Tafel in Anspruch nehmen, das darf in einer sozialen Stadt nicht sein. Die Schere zwischen arm und reich stagniert auf einem nicht akzeptablen Niveau. Armut verfestigt sich und führt auch zunehmend zur "Energiearmut", d.h. dass Familien der Strom abgestellt wird. Der Caritasverband sieht hier die Politik in der Pflicht, nach Lösungen zu suchen. Die Anwesenden waren sich einig, dass die Forcierung von geförderten Arbeitsmöglichkeiten ein Lösungsansatz sein kann, um insbesondere Langzeitarbeitslose wieder in Arbeit zu bringen, um zukünftige Altersarmut zu vermeiden.
"Wir sind alle Menschen", zitiert Christian Stockmann das Caritas-Jubiläumslogo auf die abschließende Frage von Paul Senske, wie Arnsberg 2025 aussehen soll. "Alle gehören dazu, keiner wird ausgegrenzt. Damit dies gelingen kann, müssen Politiker auch eine Vorbildfunktion übernehmen. Der Caritasverband wird als Solidaritätsstifter mit an dieser Vision arbeiten", so Stockmann.