Motive für ehrenamtliches Engagement
Die sich verändernden Motive für ein ehrenamtliches Engagement werden allgemein mithilfe der Begriffe ‚altem‘ und ‚neuem‘ Ehrenamt gekennzeichnet. Dies suggeriert jedoch eine Trennlinie, die es in der Praxis so nicht gibt. Daher geht es in dem win-win für Alle! Konzept eher darum, den Wandel in den Motivlagen und die Interessen von Ehrenamtlichen wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Neben dem weiterhin wichtigen klassischen Ehrenamt entwickeln sich neue Engagementformen, die sich in manchen Aspekten durchaus unterscheiden. Auch ehrenamtliches Engagement folgt einer immer weiter differenzierten und pluralen Gesellschaft.
Bürger:innenengagement im Wandel
Die Einordnung in der nachfolgenden Tabelle dient eher der Beschreibung eines Trends. In der Praxis dagegen vermischt sich vieles. Die meisten der Engagierten lassen sich nicht eindeutig einer bestimmten Seite zuordnen. Nicht wenige sind z. B. in einem klassischen Ehrenamt tätig und engagieren sich zusätzlich bei kurzfristigen Aktionen.
klassisches Ehrenamt... |
...und neue vielfältige Engagementformen |
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Zugänge |
durch zentrale Akteurinnen |
Selbstgesteuerte Annäherung Selbst-Information über das Internet Längere Reflexions- und Entscheidungsprozesse stufenförmige Annäherung |
Dauer |
Jahre- oder gar lebenslanges Engagement |
Zeitlich begrenzt Zunahme projektgebundenen Engagements |
Bedingungen |
Vorgaben durch Verband/Einrichtung Geringe Mitgestaltungsmöglichkeit |
Selbstbestimmte Arbeitsinhalte und -abläufe Beteiligung an Entscheidungsprozessen Digitale Möglichkeiten des Engagements |
Sinnorientierung |
Familiäres Handlungsschema Zugehörigkeit zum sozialen Milieu Dienst- und Pflichterfüllung Sinnressourcen wie Glauben, Dienst für die Gemeinschaft |
Mischung aus praktizierter Solidarität und Selbstbezug (Kreativität, Selbstentfaltung und -verwirklichung verbunden mit Engagement für andere) Verwirklichung eigener Ideen und Vorstellungen Biografische Passung zwischen eigenen Planungen und den Anforderungen des (digitalen) Engagements |
Motive für bürgerschaftliches/caritatives Engagement
In einer repräsentativen Befragung hat das Institut für Demoskopie Allensbach im Jahr 2013 umfangreiche Ergebnisse zu den Motiven bürgerschaftlichen Engagements vorgelegt. Fast immer ist ein ganzes Bündel verschiedener Motive festzustellen. Altruistische und selbstbezogene Motive fließen ineinander.
Es kristallisieren sich fünf Hauptmotive heraus:
- die Freude am Engagement
- der Wunsch, etwas für andere zu tun
- die Ausrichtung auf eine besondere Gruppe oder ein besonderes Anliegen
- die Möglichkeit, etwas mit dem Engagement zu bewegen
- Kontakte zu haben und mit Gleichgesinnten etwas tun
*Vgl. Allensbach Institut 2013
Motivlagen im caritativen Engagement
Die Motive im caritativen Engagement unterscheiden sich nicht grundsätzlich von den Ergebnissen im Bevölkerungsdurchschnitt. In einer vom Deutschen Caritasverband beauftragten und im Januar 2022 veröffentlichten forsa-Umfrage geben 89 Prozent der Befragten "etwas für andere tun" als einen der wichtigsten Gründe für ihr Engagement an. Die weiteren Nennungen sind "um die Gesellschaft zu verändern bzw. voranzubringen", "Spaß haben", "mit Gleichgesinnten zusammenkommen", "den eigenen Neigungen und Interessen nachgehen".
In der gleichen Befragung geben weit über 80 Prozent der Befragten an, dass eine qualifizierte Unterstützung und Hilfestellung, fachlicher Austausch und Zusammenarbeit von großer Bedeutung für ihr Engagement ist.
Fazit
Ehrenamtliche kommen mit unterschiedlichen Motiven in das Ehrenamt und haben daher unterschiedliche Erwartungen an ihre Aufgabe und an die Organisation, in der sie sich engagieren.
Die vom Gestaltungswillen motivierte Ehrenamtliche will in ihrem freiwilligen Engagement ein hohes Maß an Mitbestimmung wiederfinden. Ist der potenzielle Ehrenamtliche stark altruistisch und vom Motiv des Helfen-Wollens geprägt, muss in der Aufgabe deutlich werden, dass das Engagement direkt benachteiligten Menschen dient.
Für die Gewinnung, aber auch für die Bindung von Ehrenamtlichen ist es wichtig, die jeweilige Motivlage der potenziellen Ehrenamtlichen zu kennen. Die Frage nach den Motiven ist ein wichtiges Thema im Erstgespräch und eine wichtige Voraussetzung dafür, die passende Aufgabe zu finden. Unterstützende und wertschätzende Rahmenbedingungen können die mitgebrachte Motivation von potentiellen Ehrenamtlichen verstärken.