Verschwiegenheitspflicht der Mitarbeiter ohne besonderen seelsorglichen Auftrag (§ 5a AVR/§ 8a KAVO-NRW)
Dies gilt nicht, soweit Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Die Pflicht, geplante schwere Straftaten anzuzeigen, bleibt unberührt.
Die Verschwiegenheitspflicht erstreckt sich auf alle "Angelegenheiten", d. h. auf alle Mitteilungen des Betroffenen, Wahrnehmungen des Mitarbeiters und alle sonstigen Daten, die dem Mitarbeiter in Zusammenhang mit seiner seelsorgerischen Tätigkeit bekannt werden.
Seelsorge umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "eine von religiösen Motiven und Zielsetzungen getragene Zuwendung, die der Fürsorge für das seelische Wohl des Beistandssuchenden, der Hilfe im Leben oder Glauben benötigt, dient."1
Die Tätigkeit des Mitarbeiters beziehungsweise das Gespräch müssen demnach auf Hilfe im Leben und Glauben ausgerichtet sein: Der Mitarbeiter will religiösen Beistand leisten oder der Betroffene erwartet diesen Beistand.
Beispiel: Eine Bewohnerin fragt eine Altenpflegerin, ob Gott ihr wohl verzeihen werde, dass sie ihren Mann und ihre Kinder verlassen habe.
Eine bloße Information oder Diskussion über religiöse oder kirchliche Themen ist kein Akt der Seelsorge. Nicht zur Seelsorge gehören nach der Rechtsprechung auch Gespräche, Erkenntnisse oder Tätigkeiten auf dem Gebiet des täglichen Lebens sowie "karitative, fürsorgerische, erzieherische oder verwaltende Tätigkeiten."2
1 Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2010 - 4 StR 650/09.
2 Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2010, a.a.O.