Unterhalt: Vertragliche Unterhaltspflicht des Mannes, der mit einer Frau vereinbart, die Vaterstellung für ein Kind zu übernehmen
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. September 2015 - XII ZR 99/14
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Unterhalt und stützt den Anspruch auf eine zwischen ihrer Mutter und dem Beklagten im Rahmen einer heterologen Insemination geschlossene Vereinbarung.
Die Mutter der Klägerin und der Beklagte unterhielten eine intime Beziehung, ohne in einem gemeinsamen Haushalt zusammenzuleben. Da die Mutter sich ein Kind wünschte und der Beklagte zeugungsunfähig war, führte der Hausarzt der Mutter im Juli 2007 mit Zustimmung des Beklagten, der auch das Fremdsperma beschafft hatte, eine heterologe Insemination durch, die jedoch nicht zur Schwangerschaft führte. Der Beklagte hatte am selben Tag auf einem seitens des Hausarztes vorgelegten "Notfall-/Vertretungsschein" handschriftlich vermerkt: "Hiermit erkläre ich, dass ich für alle Folgen einer eventuell eintretenden Schwangerschaft aufkommen und die Verantwortung übernehmen werde!" Weitere einvernehmliche Versuche führten schließlich zum Erfolg.
Die Klägerin hatte mit ihrer Klage Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied:
- Eine Vereinbarung, mit welcher ein Mann die Einwilligung zu einer heterologen künstlichen Befruchtung einer Frau mit dem Ziel erteilt, die Vaterstellung für das zu zeugende Kind einzunehmen, enthält regelmäßig zugleich einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zugunsten des aus der künstlichen Befruchtung hervorgehenden Kindes.
- Aus dem Vertrag ergibt sich für den Mann dem Kind gegenüber die Pflicht, für dessen Unterhalt wie ein rechtlicher Vater einzustehen. Die Einwilligung des Mannes muss gegenüber der Frau erklärt werden und bedarf keiner besonderen Form.
- Die vertragliche Unterhaltspflicht des Mannes ist am gesetzlichen Kindesunterhalt auszurichten, wenn keine andere Vereinbarung getroffen worden ist.
Anmerkung: Bereits im Jahre 1995 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Ehemann, der in die heterologe Befruchtung der Ehefrau einwilligt, damit zu erkennen gibt, dass er für das Kind wie ein ehelicher Vater sorgen und eine Unterhaltspflicht übernehmen will, obwohl die Voraussetzungen der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht vorliegen.
Der Mann, mit dessen Einwilligung das Kind durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, und die Mutter können die Vaterschaft nicht anfechten. Die Anfechtung ist gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen (§ 1600 Abs. 5 BGB).1