SGB II: Übernahme angemessener Mietkosten bei besonderem Wohnbedarf
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.10.2023 - L 13 AS 185/23 B ER
Zum Sachverhalt
Die alleinstehende Antragstellerin lebte mit ihren Kindern im Alter von 9 bis 22 Jahren in einer 83 Quadratmeter großen Vier-Zimmer-Wohnung im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses. Der älteste 22 Jahre alte Sohn ist pflegebedürftig (Stufe 4) und auf einen Rollstuhl angewiesen. Er kann die Wohnung nur verlassen bzw. wieder erreichen, wenn er durch das Treppenhaus getragen wird. Die Mutter ist seine Betreuerin. Sie fand nach langer Suche eine barrierefreie Wohnung in passender Größe. Die Miete für diese Wohnung in Höhe von 1.425 Euro überstieg die vom Jobcenter regelmäßig angewandte Mietobergrenze von 1.353 Euro um 72 Euro.
Der Antrag der Mutter auf Zusicherung der Mietübernahme nach § 22 wurde vom Jobcenter abgelehnt. Das Jugendamt, der Hausarzt und die kommunale Wohnfachstelle hatten die Anmietung empfohlen.
Darauf beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht, das Jobcenter im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Übernahme der Unterkunftskosten gemäß dem Angebot des Vermieters zuzusichern.
Das Oberverwaltungsgericht hat ihrem Antrag stattgegeben.
Zur Begründung des Beschlusses
Das Landessozialgericht entschied, dass die höheren Kosten aufgrund der familiären Besonderheiten nicht unangemessen seien, weil schon das Angebot größerer Wohnungen eher eingeschränkt ist und deshalb die Chancen einer sechsköpfigen Familie, eine rollstuhlgerechte und in der Raumaufteilung für die Familienangehörigen passende Wohnung zu finden, gering sind.
Das Argument des Jobcenters, die Mutter habe sich jahrelang nicht ausreichend um eine angemessene Wohnung bemüht, wurde vom Landessozialgericht zurückgewiesen. Der auf einen Rollstuhl angewiesene Sohn (und die anderen Kinder) müssten selbst dann nicht dauerhaft in der ungeeigneten Wohnung bleiben, wenn der Mutter unzureichende Bemühungen in der Vergangenheit vorgeworfen werden könnten.