Schwerbehindertenausweis: Merkzeichen G und Merkzeichen aG
1. Merkzeichen G
Der Nachteilsausgleich G setzt einen Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent (§ 3 Schwerbehindertenausweisverordnung) und eine erheblich beeinträchtigte Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr voraus.
1.1 Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr
Für die Feststellung der erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d. h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird.
Gemäß § 229 Absatz 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (Versorgungsmedizinische Grundsätze Teil D 1).
1.2 Nachteilsausgleiche
- Kostenlose Beförderung im öffentlichen Nahverkehr nach Erwerb einer Wertmarke (§ 228 ff. SGB IX) oder 50 Prozent Kfz-Steuerermäßigung (§ 3a Absatz 2 Satz 1 KraftStG),
Hilflose und gehörlose Menschen haben stets einen Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr. - Ab einem Grad der Behinderung von 70 können maximal 900 Euro für Privatfahrten steuerlich abgesetzt werden (§ 33 EStG),
- Für Fahrten zur Arbeit können die tatsächlichen Kosten alternativ zur Entfernungskostenpauschale abgesetzt werden (§ 9 Absatz 2 Satz 3 EStG).
2. Nachteilsausgleich: Merkzeichen aG
Das Merkzeichen aG steht schwerbehinderten Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung zu, wenn ihre mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung einem Grad der Behinderung von mindestens 80 Prozent entspricht.
2.1 Außergewöhnliche Gehbehinderung plus 80 Prozent Grad der
Behinderung
Die Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und der Fortbewegung muss dauerhaft auch für sehr kurze Entfernungen bestehen, so dass - aus medizinischer Sicht - die Verwendung eines Rollstuhls notwendig ist. Außerdem ist erforderlich, dass die Gehfähigkeit dauerhaft schwer beeinträchtigt ist.
Kann ein schwerbehinderter Mensch sich infolge bewegungsbezogener, neuromuskulärer oder mentaler Funktionen, Störungen des kardiovaskulären oder Atmungssystems außerhalb seines Kraftfahrzeuges zwar auf einem glatten Krankenhausflur, nicht aber in einem normalen Lebensumfeld mit Bordsteinkanten, abfallenden und ansteigenden Wegen und Bodenunebenheiten ohne fremde Hilfe unfallfrei bewegen, liegt eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung vor.1
Das gilt auch, wenn ein schwerbehinderter Mensch infolge eines angeborenen Gendefekts mit globaler Entwicklungsstörung ein freies Gehen nur in vertrauten Situationen im schulischen oder häuslichen Bereich frei gehen, aber sein motorisches Potenzial in unbekannter Umgebung wegen seiner psychischen Beeinträchtigung nicht ausschöpfen kann: Er benötigt dort beim Gehen die Hilfe einer ihm bekannten Begleitperson, auf die er sich abstützen oder mit deren Hilfe er im Rollstuhl/Reha-Buggy transportiert werden muss.2
Stets ist erforderlich, dass die Teilhabebeeinträchtigung einem Grad der Behinderung von mindestens 80 Prozent entspricht (§ 229 Absatz 3 SGB). Der Grad der Behinderung (GdB) wird in Nordrhein-Westfalen von den Bezirksregierungen aufgrund von Gutachten nach den Vorgaben der Versorgungsmedizin-Verordnung festgesetzt.
2.2 Nachteilsausgleiche
Menschen mit Schwerbehinderung, deren Ausweis das Merkzeichen aG enthält, haben Anspruch auf folgende Nachteilsausgleiche:
- Kostenlose Beförderung im öffentlichen Nahverkehr nach Erwerb einer Wertmarke
(§ 228 ff. SGB IX), - Kraftfahrzeugsteuerbefreiung (§ 3a Absatz 1 KraftStG),
- Inanspruchnahme von kostenlosen Fahrdiensten,
- Ausstellung eines blauen EU-Parkausweises für die Inanspruchnahme von Parkerleichterungen durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde (z. B. zur Benutzung von Behindertenparkplätzen),
- Tatsächliche Kosten für Fahrten zur Arbeit sind (alternativ zur Entfernungskostenpauschale) absetzbar (§ 9 Absatz 2 Satz 3 EStG).
- Privatfahren können bis zu einem Betrag von 4.500 Euro als behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale steuerlich abgesetzt werden (§ 33 Abs. 2a Satz 4 EStG).
1 Bundessozialgericht, Urteil vom 09.03.2023 - B 9 SB 8/21 R.
2 Bundessozialgericht, Urteil vom 09.03.2022 - B 9 SB 1/22 R.