Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz 2018)
Übersicht
1. Geltung für jede Art der Tätigkeit (§ 1)
2. Mitteilungen und Nachweise der schwangeren/stillenden Frauen
(§ 15)
3. Schutzfristen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 1)
4. Schutzfrist nach der Entbindung (§ 3 Abs. 2-4)
5. Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen (§ 7)
6. Verbot der Mehrarbeit; Ruhezeit (§ 4)
7. Verbot der Nachtarbeit (§ 5)
8. Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 6)
9. Gestaltung der Arbeitsbedingungen; unverantwortbare Gefährdung,
betriebliches Beschäftigungsverbot (§§ 9 -11)
10. Ärztliches Beschäftigungsverbot (§ 16)
11. Mutterschutzlohn, Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum
Mutterschaftsgeld
12. Kündigungsverbot (§ 17)
Ziel des Mutterschutzes
Das Mutterschutzgesetz schützt die Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit. Es soll der Frau ermöglichen, ihre Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit in dieser Zeit ohne Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortzusetzen und Benachteiligungen während der Schwangerschaft und in der Stillzeit vermeiden.
BGBl. I 2017, 75
1. Geltung für jede Art der Tätigkeit (§ 1)
Das Gesetz gilt ab dem 1. Januar 2018 für jede Frau, die schwanger ist, ein Kind geboren hat oder stillt und - unabhängig davon, ob ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Sozialversicherungsrechts vorliegt - tätig ist.
- in betrieblicher Berufsbildung und/oder als Praktikantin im Sinne von § 26 des Berufsbildungsgesetzes (z. B. Praktikanten im Anerkennungsjahr),
- als behinderte Frau in einer Werkstatt für behinderte Menschen,
- als Entwicklungshelferin im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes. Sie hat keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld (§§ 18 bis 22 MuSchG),
- als Freiwillige im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
- als Mitglied einer geistlichen Genossenschaft, Diakonissin oder Angehörige einer ähnlichen Gemeinschaft auf einer Planstelle oder aufgrund eines Gestellungsvertrages, auch während der Zeit ihrer dortigen außerschulischen Ausbildung, beispielsweise als Novizin oder Postulantin,1
- in Heimarbeit oder als Gleichgestellte, soweit sie am Stück mitarbeitet, jedoch gelten die Vorschriften über die Gefährdungsbeurteilung und die Dokumentations- und Informationspflicht des Anstellungsträgers für sie nicht (§§ 10 und 14 MuSchG),
- als wirtschaftlich abhängige arbeitnehmerähnliche Person. Sie hat keinen Anspruch auf den Mutterschutzlohn, das Mutterschaftsgeld nach § 19 Abs. 2 MuSchG und den Zuschuss zum Mutterschaftslohn nach § 20 MuSchG,
- als Schülerin oder Studentin, soweit sie verpflichtet ist, im Rahmen einer Ausbildungsveranstaltung tätig zu werden beziehungsweise im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung ein Praktikum abzuleisten. Jedoch sind die gesetzlichen Vorschriften über die Kündigung, das Mutterschaftsgeld, Entgelt bei Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen sowie den Erwerb von Urlaubsansprüchen auf sie nicht anzuwenden.
Für Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen gilt das Mutterschutzgesetz nicht. Sie werden aber durch besondere Vorschriften in gleichem Maße geschützt.
2. Mitteilungen und Nachweise der
schwangeren/stillenden Frauen (§ 15)
Eine schwangere Frau soll ihrem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie weiß, dass sie schwanger ist. Erfolgt die Mitteilung nicht, hat sie keinen Anspruch auf Einhaltung der mutterschutzrechtlichen Schutzpflichten.
Eine stillende Frau soll ihrem Arbeitgeber so früh wie möglich mitteilen, dass sie stillt.
Auf Verlangen des Arbeitgebers soll eine schwangere Frau als Nachweis über ihre Schwangerschaft ein ärztliches Zeugnis oder das Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers vorlegen. Das Zeugnis über die Schwangerschaft soll den voraussichtlichen Tag der Entbindung enthalten.
3. Schutzfristen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 1)
Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigen, soweit sie sich nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklärt. Sie kann die Erklärung nach Satz 1 jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
Für die Berechnung der Schutzfrist ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis oder dem Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ergibt.
Entbindet eine Frau nicht am voraussichtlichen Tag, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend.
4. Schutzfrist nach der Entbindung (§ 3 Abs. 2-4)
Der Arbeitgeber darf eine Frau bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigen. Die Schutzfrist nach der Entbindung verlängert sich auf zwölf Wochen
- bei Frühgeburten,
- bei Mehrlingsgeburten und
- wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung ärztlich festgestellt wird.
Bei vorzeitiger Entbindung verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung um den Zeitraum der Verkürzung der Schutzfrist vor der Entbindung. Wegen der Geburt eines behinderten Kindes verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung nur, wenn die Frau dies beantragt.
Die Ausbildungsstelle darf eine Studentin/Schülerin bereits in der Schutzfrist nach der Entbindung im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen, wenn die Frau dies ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.
Der Arbeitgeber darf eine Frau nach dem Tod ihres Kindes bereits nach Ablauf der ersten zwei Wochen nach der Entbindung beschäftigen, wenn
- die Frau dies ausdrücklich verlangt und
- nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegen spricht.
Sie kann ihre Erklärung jederzeit mit sofortiger Wirkung widerrufen (Abs. 4).
5. Freistellung für Untersuchungen und zum Stillen (§ 7)
Der Arbeitgeber hat eine Frau für die Zeit freizustellen, die zur Durchführung der Untersuchungen im Rahmen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Entsprechendes gilt auch zugunsten einer Frau, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist (Abs. 1).
Eine stillende Frau ist auf ihr Verlangen während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung für die zum Stillen erforderliche Zeit freizustellen (Abs. 2).
6. Verbot der Mehrarbeit; Ruhezeit (§ 4)
Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau, die 18 Jahre oder älter ist, nicht mit einer Arbeit beschäftigen, die die Frau über achteinhalb Stunden täglich oder über 90 Stunden in der Doppelwoche hinaus zu leisten hat.
Eine schwangere oder stillende Frau unter 18 Jahren darf der Arbeitgeber nicht mit einer Arbeit beschäftigen, die die Frau über acht Stunden täglich oder über 80 Stunden in der Doppelwoche hinaus zu leisten hat. In die Doppelwoche werden die Sonntage eingerechnet.
Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht in einem Umfang beschäftigen, der die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt des Monats übersteigt. Bei mehreren Arbeitgebern sind die Arbeitszeiten zusammenzurechnen.
Der Arbeitgeber muss der schwangeren oder stillenden Frau nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewähren.
7. Verbot der Nachtarbeit (§ 5)
Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 und 6 Uhr beschäftigen. Er darf sie bis 22 Uhr nur dann beschäftigen, wenn die Voraussetzungen des § 28 erfüllt sind.
Die Ausbildungsstelle darf eine schwangere oder stillende Frau nicht zwischen 20 und 6 Uhr im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung tätig werden lassen. Die Ausbildungsstelle darf sie an Ausbildungsveranstaltungen bis 22 Uhr teilnehmen lassen, wenn
- sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt (Widerruf jederzeit zulässig),
- die Teilnahme zu Ausbildungszwecken zu dieser Zeit erforderlich ist und
- insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist. Alleinarbeit liegt vor, wenn nicht gewährleistet ist, dass sie jederzeit den Arbeitsplatz verlassen oder Hilfe erreichen kann.
8. Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 6)
Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigen, sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Zulässig ist in diesem Falle die Arbeit, wenn
- sich die Frau dazu ausdrücklich bereit erklärt,
- die Frau sie in einem der zahlreichen nach § 10 des Arbeitszeitgesetzes zugelassenen Bereichen leistet (z. B. in einer Einrichtung zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen),
- der Frau in jeder Woche im Anschluss an eine ununterbrochene Nachtruhezeit von mindestens elf Stunden ein Ersatzruhetag gewährt wird und
- insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.
9. Gestaltung der Arbeitsbedingungen;
unverantwortbare Gefährdung, betriebliches
Beschäftigungsverbot (§§ 9 -11)
Sobald eine Frau dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, hat der Arbeitgeber unverzüglich die nach Maßgabe einer Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Zusätzlich hat der Arbeitgeber der Frau ein Gespräch über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten.
Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nur diejenigen Tätigkeiten ausüben lassen, für die er die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen hat (§ 10 Abs. 3 MuSchG).
Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau insbesondere keine Tätigkeiten ausüben lassen, bei denen
- sie ohne mechanische Hilfsmittel regelmäßig Lasten von mehr als 5 Kilogramm Gewicht oder gelegentlich Lasten von mehr als 10 Kilogramm Gewicht von Hand heben, halten, bewegen oder befördern muss,
- sie mit mechanischen Hilfsmitteln Lasten von Hand heben, halten, bewegen oder befördern muss und dabei ihre körperliche Beanspruchung der von Arbeiten nach Nummer 1 entspricht,
- sie nach Ablauf des fünften Monats der Schwangerschaft überwiegend bewegungsarm ständig stehen muss und wenn diese Tätigkeit täglich vier Stunden überschreitet,
- sie sich häufig erheblich strecken, beugen, dauernd hocken, sich gebückt halten oder sonstige Zwangshaltungen einnehmen muss,
- sie auf Beförderungsmitteln eingesetzt wird, wenn dies für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt,
- Unfälle, insbesondere durch Ausgleiten, Fallen oder Stürzen, oder Tätlichkeiten zu befürchten sind, die für sie oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellen,
- sie eine Schutzausrüstung tragen muss und das Tragen eine Belastung darstellt oder
- eine Erhöhung des Drucks im Bauchraum zu befürchten ist, insbesondere bei Tätigkeiten mit besonderer Fußbeanspruchung,
- sie Fließarbeit, Akkordarbeit oder sonstige Arbeiten zu leisten hat, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann,
- sie getaktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo zu verrichten hat und die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo für die schwangere Frau oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.
Werden unverantwortbare Gefährdungen festgestellt, die der Arbeitgeber nicht durch die Umgestaltung der Arbeitsbedingungen ausschließen kann oder ist eine Umgestaltung wegen des nachweislich unverhältnismäßigen Aufwandes nicht zumutbar, hat der Arbeitgeber die Frau an einem anderen geeigneten Arbeitsplatz einzusetzen, wenn er einen solchen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann. Ist ihm dies nicht möglich, darf er die schwangere oder stillende Frau nicht weiter beschäftigen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG; Betriebliches Beschäftigungsverbot).
10. Ärztliches Beschäftigungsverbot (§ 16)
Der Arbeitgeber darf eine schwangere Frau nicht beschäftigen, soweit nach einem ärztlichen Zeugnis ihre Gesundheit oder die ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist (Abs. 1).
Der Arbeitgeber darf eine Frau, die nach einem ärztlichen Zeugnis in den ersten Monaten nach der Entbindung nicht voll leistungsfähig ist, nicht mit Arbeiten beschäftigen, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen (Abs. 2).
11. Mutterschutzlohn, Mutterschaftsgeld und Zuschuss
zum Mutterschaftsgeld
Eine Frau, die wegen eines Beschäftigungsverbots außerhalb der Schutzfristen vor oder nach der Entbindung teilweise oder gar nicht beschäftigt werden darf, erhält von ihrem Arbeitgeber mindestens Mutterschutzlohn in Höhe des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft (§ 18).
Eine Frau, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, erhält für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Entbindung sowie für den Entbindungstag Mutterschaftsgeld von ihrer Krankenkasse (§ 19 Abs. 1). Eine Frau, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, erhält ein entsprechendes Mutterschaftsgeld zu Lasten des Bundes, jedoch insgesamt höchstens 210 Euro. Das Mutterschaftsgeld wird dieser Frau auf Antrag vom Bundesversicherungsamt gezahlt (§ 19 Abs. 2).
Gesetzlich krankenversicherte Frauen erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Als Zuschuss zum Mutterschaftsgeld wird der Unterschiedsbetrag zwischen 13 Euro und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung gezahlt (§ 20).
12. Kündigungsverbot (§ 17)
Die Kündigung gegenüber einer Frau ist unzulässig
- während ihrer Schwangerschaft,
- bis zum Ablauf von vier Monaten nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche und
- bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung,
wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn die Überschreitung auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.
Die zuständige Bezirksregierung (Dezernat Arbeitsschutz) kann in besonderen Fällen ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären. Die Kündigung bedarf der Schriftform und muss den Kündigungsgrund angeben.
1 Amtliche Begründung, Bundestags-Drucksache 18/8963, Seite 52.