„Scheinvater“, Anfechtung der Vaterschaft, Auskunftspflicht der Mutter, Scheinvaterregress
Der Mann, der rechtlich als Vater gilt, hat folgende Möglichkeiten, die rechtlichen Folgen der Vaterschaft auszuschließen bzw. zu beseitigen:
- Er kann seine Vaterschaft durch Klage vor dem Familiengericht anfechten.
- Nach wirksamer Anfechtung der Vaterschaft kann der Scheinvater von der Mutter Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters verlangen.
- Der Scheinvater kann vom biologischen Vater den gezahlten Unterhalt zurückfordern.
1. Gerichtliche Anfechtung der Vaterschaft
Die Anfechtung der Vaterschaft ist nur wirksam, wenn die gerichtliche Entscheidung auf Klage des Mannes gegen das Kind in einem Statusverfahren über die Anfechtung der Vaterschaft ergangen ist (§ 1599 BGB). Andere Verfahren können nur ausnahmsweise dazu führen, dass der Mann nicht mehr als Vater im Sinne der gesetzlichen Vorschriften gilt (BGH, Urteil vom 11.1.12 XII ZR 194/09).
Die Anfechtungsklage des Scheinvaters muss zunächst schlüssig begründet sein. Dazu ist erforderlich, dass Gründe für die Zweifel an der Vaterschaft dargelegt werden und ein begründeter Anfangs-verdacht besteht. Es ist nicht erforderlich, dass die Vaterschaft wahrscheinlich oder gar überwiegend wahrscheinlich ausgeschlossen ist (OLG Bremen, Beschluss vom 2.3.2012 − 4 WF 20/12, NJW 2012, 1668).
Die Anfechtungsklage muss binnen zwei Jahren erhoben werden. Die Frist beginnt mit Kenntnis der Umstände, die gegen die Vaterschaft sprechen, nicht jedoch vor der Geburt des Kindes (§ 1600b BGB). Es handelt sich dabei um eine Ausschlussfrist. Nach Ablauf der Frist, kann die Vaterschaft nicht mehr angefochten werden.
2. Verpflichtung der Kindesmutter zur Auskunft über
die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes
Der Mann, der seine Vaterschaft bezweifelt, kann von der Mutter des Kindes verlangen, dass sie Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters erteilt. Dazu ist sie jedenfalls dann verpflichtet, wenn sie den Scheinvater zum Vaterschaftsanerkenntnis veranlasst hat, ohne ihn über den Mehrverkehr während der gesetzlichen Empfängniszeit zu informieren (BGH, Urteil vom 9. November 2011 − XII ZR 136/09, NJW 2012, 450 mit Anmerkung von Maurer).
Der Auskunftsanspruch kann vom Scheinvater im Rahmen der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden: Er kann die Festsetzung eines Zwangsgeldes, ersatzweise von Zwangshaft beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht, beantragen. Wird das Zwangsgeld nicht beigetrieben, kann er den Erlass eines Haftbefehls beantragen (BGH, Urteil vom 3. 7. 2008 − I ZB 87/06).
3. Anspruch des Scheinvaters auf Erstattung des
gezahlten Unterhalts gegen den biologischen Vater
Der Scheinvater hat keine Möglichkeit, die Vaterschaft des biologischen Vaters gerichtlich feststellen zu lassen. Hat er aber seine Vaterschaft wirksam angefochten, kann er den mutmaßlichen biologischen Vater auf Erstattung des von ihm geleisteten Unterhalts verklagen ("Scheinvaterregress"). In diesem Regressverfahren kann die Vaterschaft des biologischen Vaters festgestellt werden (BGH, Urteil vom 11.01.12 XII ZR 194/09).
Unterhalt für die Vergangenheit kann beim Scheinvaterregress auch für den Zeitraum verlangt werden, in dem der Unterhaltsberechtigte - also grundsätzlich das Kind - aus rechtlichen Gründen an der rechtzeitigen Geltendmachung gehindert war (§ 1613 II Nr. 2a BGB).
Der Scheinvater kann Regress nur in der Höhe fordern, die der Erzeuger selbst dem Kind an Unterhalt schuldet. Außerdem kann der Scheinvater die für das Vaterschaftsanfechtungsverfahren aufgewendeten Prozesskosten vom biologischen Vater ersetzt verlangen.
Der Regressanspruch des Scheinvaters unterliegt drei Einschränkungen:
- Der zukünftige Unterhaltsanspruch des Kindes darf nicht gefährdet werden (§ 1607 IV BGB). Zahlt beispielsweise der biologische Vater Unterhalt für das Kind, geht dieser dem Regressanspruch vor.
- Der Scheinvater kann die Erstattung seiner Unterhaltszahlungen nicht, nur in Teilbeträgen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangen, soweit die volle oder sofortige Befriedigung für den Verpflichtenden eine unbillige Härte bedeuten würde (§ 1613 Abs. 3 BGB). Eine Härte liegt allerdings nicht vor, wenn das Kind mit Willen des biologischen Vaters dem Scheinvater "untergeschoben" worden ist.
- Der Unterhaltsanspruch unterliegt gemäß §§ 197 Abs. 2, 195 BGB einer dreijährigen Verjährungsfrist. Diese beginnt aber erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Scheinvater von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des biologischen Vaters Kenntnis erlangt hat, also nicht vor einem rechtskräftigen Feststellungs- oder Zahlungsurteil oder einem wirksamen Anerkenntnis.
Der Beitrag wurde im Januar 2014 umfangreich aktualisiert und weicht daher inhaltlich von der gedruckten Fassung der Ausgabe 4/2012 (Oktober 2012) des Recht-Informationsdienstes ab.