Nichtraucherschutz in kirchlich-caritativen Einrichtungen (ab 2013)
Übersicht
Vorbemerkung
1. Umfang des Rauchverbots
2. Vom Rauchverbot erfasste kirchlich-caritative Einrichtungen
3. Räumlicher Geltungsbereich der Rauchverbote
4. Ausnahmen vom Rauchverbot
4.1 Ausnahmslose Geltung
4.2 Zulassung von Raucherräumen
4.3 Ausnahmen aus therapeutischen Gründen
5. Hinweispflichten der Leitung auf Rauchverbote und Raucherräume
6. Verantwortlichkeit für die Umsetzung der Rauchverbote
7. Verhängung von Geldbußen bei Verstößen gegen das Rauchverbot
8. Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz
8.1 Schutz der Mitarbeiter durch das Nichtraucherschutzgesetz
8.2 Schutz der Mitarbeiter/Arbeitnehmer durch den arbeitsrechtlichen
Nichtraucherschutz
8.3 Mitwirkung der Arbeitnehmervertretung
8.4 Raucherpausen
Vorbemerkung
Der Bund hat für seinen Zuständigkeitsbereich, für seine Einrichtungen und die öffentlichen Verkehrs-mittel, das "Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens" zum 1. September 2007 in Kraft gesetzt (BGBl. I S. 1595).
Die Bundesländer haben für ihren Bereich Gesetze zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern erlassen. Die Gesetze stimmen inhaltlich weitgehend überein, weichen aber in Einzelheiten voneinander ab.
Das Gesetz zum Schutz von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in Nordrhein- Westfalen (Nichtraucher-schutzgesetz NRW) ist seit dem 1. Januar 2008 in Kraft und mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 geändert worden (GV.NRW 2012 S. 635).
1. Vom Rauchverbot erfasste Räume
Die gesetzlichen Rauchverbote gelten in öffentlichen und privaten Gebäuden und sonstigen vollständig umschlossenen Räumen.
Ausgenommen sind die Räumlichkeiten, die ausschließlich der privaten Nutzung d. h. ausschließlich Wohn- und Übernachtungszwecken dienen und damit der Privatsphäre zuzurechnen sind, wie zum Beispiel Dienstwohnungen und Hausmeisterwohnungen.
In Freibereichen, beispielsweise in nicht vollständig überdachten Innenhöfen und im Frei- und Außen-bereich der Einrichtungen, ist das Rauchen gesetzlich grundsätzlich zulässig (zu Ausnahmen siehe Abschnitt 3).
Jedoch kann der jeweilige Rechtsträger weitergehende Rauchverbote vorsehen.
2. Vom Rauchverbot erfasste Einrichtungen in
kirchlich-caritativer Trägerschaft
Das Rauchverbot erfasst folgende Einrichtungen in kirchlich-caritativer Trägerschaft:
- Krankenhäuser,
- Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen nach § 107 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches und vergleichbare stationäre Einrichtungen, die der Heilfürsorge oder der Wiederherstellung der Gesundheit Kranker dienen,
- stationäre Einrichtungen der Pflege,
- stationäre Einrichtungen der Behindertenhilfe,
- Studierendenwohnheime,
- Schulen im Sinne des § 6 Abs. 1 Schulgesetzes,
- Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuches und ausgewiesene Kinderspielplätze,
- Einrichtungen der Erwachsenenbildung unabhängig von ihrer Trägerschaft sowie
- Universitäten und Fachhochschulen, Kunst- und Musikhochschulen.
Das gesetzliche Rauchverbot gilt somit nicht für kirchlich-caritative Einrichtungen der Alten-, Sozial- und Behindertenhilfe.
Beispiele: Altenheime, Altenbegegnungsstätten, Wohnheime, Beratungsstellen (Ausnahme:
Erziehungsberatungsstellen), Verwaltungsgebäude.
Allerdings kann der Rechtsträger einer Einrichtung zum Schutz der nichtrauchenden Besucher/Bewohner das Rauchen in allen beziehungsweise in einzelnen Räumen verbieten.
Beispiel: In einem Altenheim wird das Rauchen in den Gemeinschaftsräumen untersagt.
In seiner Eigenschaft als Arbeit-/Dienstgeber kann der Rechtsträger verpflichtet sein, zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten ein allgemeines oder ein auf einzelne Bereiche seiner Einrichtungen beschränktes Rauchverbot zu erlassen (siehe Abschnitt 7).
3. Räumlicher Geltungsbereich der Rauchverbote
Die gesetzlichen Rauchverbote erstrecken sich grundsätzlich nur auf die Gebäude und sonstige vollständig umschlossene Räume der Einrichtungen (§ 1 Abs. 1).
Beispiele: Im Außenbereich von Krankenhäusern und von stationären Einrichtungen der Pflege und Behindertenhilfe ist das Rauchen zulässig.
Abweichend davon gelten die Rauchverbote für Schulen und für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe auf dem gesamten Grundstück im Zusammenhang mit einrichtungsbezogenen Veranstaltungen.
Beispiel: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kindertageseinrichtungen, Kinderheimen, Jugendzentren usw. dürfen weder innerhalb der Einrichtung noch auf dem Gelände der Einrichtung rauchen.
Für Schulen gilt das Rauchverbot außerdem für schulische Veranstaltungen außerhalb des Schulgrund-stücks (§ 3 Abs. 1).
Beispiele: Schulfeste, Abiturfeiern, Klassenfahrten.
4. Ausnahmen vom Rauchverbot
Das Gesetz verbietet für einige Arten der Einrichtungen Ausnahmen vom Rauchverbot und lässt für andere Einrichtungen und für Menschen in bestimmten Therapien Ausnahmen vom Rauchverbot zu:
4.1 Ausnahmslose Geltung
Keine Ausnahmen vom Rauchverbot sind vorgesehen für Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitations-einrichtungen und vergleichbare stationäre Einrichtungen, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Die Einrichtung von Raucherräumen in diesen Einrichtungen ist nicht gestattet: Zulässig ist aber das Rauchen auf dem Gelände außerhalb der Gebäude der Gesundheitseinrichtungen, während es auf dem gesamten Gelände der Schulen sowie Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen verboten ist.
4.2 Zulassung von Raucherräumen
In Einrichtungen der Erwachsenenbildung können abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Voraussetzung hierfür ist, dass
- eine ausreichende Anzahl von Räumen zur Verfügung steht,
- die in Satz 1 genannten Räume ausdrücklich als Raucherräume, zu denen Personen unter 18 Jahren keinen Zutritt haben, gekennzeichnet werden.
In stationären Einrichtungen der Pflege, Behindertenhilfe sowie Wohnungslosen-/Gefährdetenhilfe kann die Einrichtung von Raucherräumen zugelassen werden. Ein Anspruch auf die Einrichtung von Raucher-räumen besteht nicht. Werden Raucherräume eingerichtet, ist ein barrierefreier Zugang zu gewährleisten.
4.3 Ausnahmen aus therapeutischen Gründen
Die Leitung einer Einrichtung kann im Einzelfall in Abstimmung mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt Personen das Rauchen erlauben,
a) die sich in palliativmedizinischer oder psychiatrischer Behandlung befinden,
b) die sich aufgrund einer gerichtlich angeordneten Unterbringung in einer geschlossenen
Abteilung des Krankenhauses aufhalten oder
c) bei denen die Untersagung des Rauchens dem Therapieziel entgegensteht.
Falls die Leitung der Einrichtung entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, sollen diese so gelegen und beschaffen sein, dass sie den Schutz der Nichtraucher nicht beeinträchtigen.
5. Hinweispflichten der Leitung auf Rauchverbote und
Raucherräume
Die Leitung der Einrichtung hat die Orte, für die ein Rauchverbot besteht, durch ein Warnzeichen "Rauchen verboten" deutlich sichtbar im Eingangsbereich kenntlich zu machen. Hierfür ist das Warnzeichen "Rauchen verboten" nach Nummer 3.1 des Anhangs II der Richtlinie 92/58/EWG des Rates über Mindestvorschriften für die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz (neunte Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG) vom 24. Juni 1992 (ABl. EG Nr. L 245 S. 23) zu verwenden (§ 5 Abs. 1).
Sind Raucherräume eingerichtet, müssen auch diese ausdrücklich als Raucherräume gekennzeichnet sein (§ 3 Abs. 2 Satz 2).
6. Verantwortlichkeit für die Umsetzung der
Rauchverbote
Verantwortlich für die Einhaltung der Rauchverbote sowie für die Erfüllung der Hinweispflichten ist die
Leitung der Einrichtung im Rahmen ihrer Befugnisse.
Soweit den Verantwortlichen ein Verstoß gegen das Rauchverbot bekannt wird, haben sie die erforder-lichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Fortsetzung des Verstoßes oder einen neuen Verstoß gegen das Rauchverbot zu verhindern (§ 5 Abs. 2).
Beispiele: Rauchende Besucher sind aufzufordern, das Rauchen einzustellen oder das Haus/Grundstück zu verlassen.
Bewohner und Patienten, die trotz Abmahnung gegen ein Rauchverbot verstoßen, dürfen nicht in der Einrichtung bleiben. Notfalls muss das mit ihnen bestehende Rechtsverhältnis gekündigt werden.
7. Verhängung von Geldbußen bei Verstößen gegen das
Rauchverbot
Wer gegen ein Rauchverbot verstößt, kann von der örtlichen Ordnungsbehörde mit einer Geldbuße
belegt werden. Die Geldbuße beträgt in der Regel mindestens fünf Euro und höchstens eintausend Euro (§ 17 Ordnungswidrigkeitengesetz).
Die Leitung der Einrichtung kann mit einer Geldbuße von bis zu 2.500 Euro belegt werden, wenn sie nicht die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um eine Fortsetzung des Verstoßes oder einen neuen Verstoß gegen das Rauchverbot zu verhindern, oder wenn sie auf das Rauchverbot nicht in der vorgeschriebenen Form hinweist beziehungsweise Raucherräume nicht deutlich kennzeichnet.
8. Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz
Das Nichtraucherschutzgesetz schützt Mitarbeiter/Arbeitnehmer nur, soweit die gesetzlichen Rauch-verbote für den jeweiligen Arbeitsplatz des Mitarbeiters/Arbeitnehmers gelten.
8.1 Schutz der Mitarbeiter durch das Nichtraucherschutzgesetz
Die Vorschriften des Nichtraucherschutzgesetzes binden Dienstgeber und Mitarbeiter kirchlich-caritativer Einrichtungen.
Die gesetzlichen Vorschriften gelten unmittelbar: Der Dienstgeber muss ein Rauchverbot nicht anordnen, soweit ein gesetzliches Rauchverbot eingreift. Jedoch sollte er die Mitarbeiter darüber informieren, und zwar vor der Einstellung oder später, wenn durch eine gesetzliche Neuregelung die bisherige Praxis des Rauchens in der Einrichtung eingeschränkt wird.
Mitarbeiter verletzen ihre Pflichten aus dem Dienstvertrag, wenn sie gegen gesetzliche Rauchverbote verstoßen. Dienstgeber müssen gegen derartige Verstöße vorgehen und durch Ermahnung, Abmahnung, notfalls auch durch Kündigung verhindern.
8.2 Schutz der Mitarbeiter/Arbeitnehmer durch den arbeitsrechtlichen
Nichtraucherschutz
Der Schutz der nichtrauchenden Beschäftigten wird durch arbeitsrechtliche Vorschriften ergänzt und erweitert: Der Dienstgeber/Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind (§ 5 ArbSchG) und aufgrund seiner Fürsorgepflicht gemäß § 618 Abs. l BGB und der ausdrücklichen Regelung in § 5 Arbeitsstättenverordnung (ArbeitsstättV) die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind.
Soweit die gesetzlichen Rauchverbote die nicht rauchenden Mitarbeiter/Arbeitnehmer nicht ausreichend schützen, kommen beispielsweise folgende Maßnahmen in Betracht:
- Raucherinnen und Raucher sind nicht mit Nichtraucherinnen und Nichtrauchern in gemeinsamen Arbeitsräumen unterzubringen. Sind die räumlichen und personellen Voraussetzungen dazu nicht gegeben, ist das Rauchen zu untersagen.
- In Aufenthalts-, Pausenräumen und Kantinen sind geeignete Maßnahmen ( z. B. getrennte Bereiche für rauchende und nichtrauchende Personen) zum Schutz der nichtrauchenden Personen vor Tabakrauch festzulegen. Wenn dies nicht möglich ist, ist das Rauchen in diesen Räumen zu untersagen.
- In Gängen, Aufzügen, Räumen mit Besucherverkehr, in Lehr- und Unterrichtsräumen ist das Rauchen zu untersagen.
- In Dienstfahrzeugen ist bei Anwesenheit von Nichtraucherinnen und Nichtrauchern das Rauchen zu untersagen.
- Bei Teambesprechungen, Sitzungen und sonstigen Zusammenkünften hat die Leitung durch eine entsprechende Pausengestaltung für einen Ausgleich der Belange von nichtrauchenden und rauchenden Personen zu sorgen.
8.3 Mitwirkung der Arbeitnehmervertretung
Der Dienst-/Arbeitgeber, der Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Nichtraucher anordnen will, bedarf der Zustimmung der Mitarbeitervertretung/des Betriebsrats. Die Arbeitnehmervertretung kann Maßnahmen des Nichtraucherschutzes beantragen.
Soweit kein gesetzliches Rauchverbot besteht, ist ein allgemeines Rauchverbot mit dem Ziel, Arbeit-nehmer von gesundheitsschädlichen Gewohnheiten abzubringen, allerdings unzulässig; denn dadurch würde unverhältnismäßig in die Handlungsfreiheit der rauchenden Mitarbeiter eingegriffen.
Der Arbeitgeber ist aber grundsätzlich auch nicht verpflichtet, mit entsprechenden Kosten zusätzliche Räume zu erstellen, nur um einen ungestörten Rauchgenuss zu ermöglichen. Die Raucher können vielmehr auf Freiflächen verwiesen werden, wenn dies nicht wegen besonderer Umstände als unzumutbar oder gar schikanös erscheint.
Beispiel: Das Bundesarbeitsgericht hat einen gegen Wind und Regen schützenden Unterstand auf dem Betriebsgelände, der maximal zwei Minuten vom Arbeitsplatz entfernt war, als zumutbare Möglichkeit des Rauchens anerkannt (BAG, Urteil vom 19.01.1999 - 1 AZR 499/98, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 2203.)
8.4 Raucherpausen
Mitarbeiter dürfen den Arbeitsplatz nur während der Pausen verlassen. Das gilt auch für Raucher.
Unbezahlte Raucherpausen können in einer Betriebs-/Dienstvereinbarung festgelegt werden. Der Dienst-/Arbeitgeber kann bezahlte Kurzzeitpausen ("Zigarettenpausen") zulassen, ist dazu aber nicht verpflichtet. Ein Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung besteht insoweit nicht.
Der Mitarbeiter ist auf dem Weg zur und während der Raucherpause nicht gesetzlich unfallversichert (Sozialgericht Berlin, Urteil vom 23.01.2013 - S 68 U 577/12, Pressemitteilung vom 05.02.2013).
Der Beitrag wurde im Januar 2014 umfangreich aktualisiert und weicht daher inhaltlich von der gedruckten Fassung der Ausgabe 2/2013 (April 2013) des Recht-Informationsdienstes ab.