Minderjährige schwangere Frauen: Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt
Sie geraten nicht selten in Konflikt mit ihren Eltern oder mit dem Vater des Kindes und wissen oft nicht, ob sie das Kind wollen, wo und wie sie nach der Geburt leben und die Alltagsprobleme bewältigen können.
In diesen Fällen ist das Jugendamt für die schwangere Minderjährige, den Vater und die Eltern eine notwendige Anlaufstelle. Es berät umfassend, kostenlos und streng vertraulich. Die frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt ist sinnvoll, um möglichst frühzeitig die anstehenden rechtlichen Fragen zu klären.
Übersicht
1. Gegenstand und Form der Beratung, Schweigepflicht
2. Vormundschaft, Amtsvormundschaft und Sorgerecht
3. Unterhaltsansprüche der Mutter und des Kindes
4. Beistandschaft des Jugendamts
5. Weitere Hilfe und Unterstützungen
1. Gegenstand und Form der Beratung, Schweigepflicht
Die Beratung durch das Jugendamt erstreckt sich - falls insoweit nicht schon eine andere Beratung erfolgt - auf die psychosoziale Problematik sowie auf alle Rechtsfragen und Hilfen, die das Jugendamt oder andere Träger und Stellen der schwangeren Minderjährigen gewähren können.
Die Beratung kann in Form der Einzelberatung oder gemeinsam mit dem Vater, den Eltern oder anderen Vertrauenspersonen auch online oder anonym erfolgen.
Ohne ausdrückliche, schriftliche und freiwillige Einwilligung der schwangeren Jugendlichen dürfen Beraterinnen und Berater keinerlei Informationen über das Gespräch an Dritte, auch nicht an die Eltern weitergeben.
Die Dreizehn-Jahres-Grenze in § 8 Abs. 8 Satz 4 des Gesetzes über den kirchlichen Datenschutz ist für die Beratung minderjähriger Schwangerer nicht einschlägig; denn sie gilt nur für die Inanspruchnahme kostenloser Internetdienste und nicht für anvertraute Geheimnisse im Sinne des § 203 Strafgesetzbuch.
Die glaubhafte Ankündigung eines Suizids kann die Durchbrechung der Schweigepflicht rechtfertigen, wenn es keine andere Hilfemöglichkeit mehr gibt (§ 323c StGB: unterlassene Hilfeleistung).
2. Vormundschaft, Amtsvormundschaft und Sorgerecht
Die gesetzliche Amtsvormundschaft des Jugendamts tritt mit der Geburt eines Kindes ein, wenn dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind und das Kind eines Vormunds bedarf, weil die Mutter noch nicht volljährig ist und vor der Geburt des Kindes kein Vormund bestellt worden ist (§ 1791c BGB).
Den Wunsch nach einem ganz bestimmten Vormund kann das Gericht berücksichtigen. Auf Antrag der minderjährigen Schwangeren kann es schon vor der Geburt beispielsweise die Großmutter als Vormund für das Kind bestellen.1
Die Sorgerechtsregelungen sind zum Teil recht kompliziert. Das Jugendamt hat deshalb die schwangere Minderjährige darüber zu informieren, welche Entscheidungen in Bezug auf das Kind sie selbst treffen kann und in welchen Angelegenheiten bis zum Eintritt der Volljährigkeit der Mutter der gesetzliche bzw. bestellte Vormund entscheidet.
3. Unterhaltsansprüche der Mutter und des Kindes
Die Mutter hat gegen den nicht mit ihr verheirateten Vater des Kindes Anspruch auf Unterhalt: Die Unterhaltspflicht des Vaters beginnt regelmäßig sechs Wochen vor dem voraussichtlichen Geburtstermin. Falls die Kindesmutter infolge der Schwangerschaft an einer (bereits ausgeübten oder geplanten) Erwerbstätigkeit gehindert ist, beginnt die Unterhaltspflicht bereits vier Monate vor dem Geburtstermin.
Der Vater muss in der Regel Kindesunterhalt bezahlen, wenn er nicht mit der Mutter zusammenlebt und die Mutter das Kind allein betreut. Die Höhe richtet sich nach dem Einkommen des Vaters und dem Alter des Kindes.
Kann der Vater keinen Unterhalt zahlen, weil er noch Schüler ist oder ein zu geringes Einkommen hat, ist vom Jugendamt der Unterhaltsvorschuss zu zahlen.
4. Beistandschaft des Jugendamts
Das Jugendamt kann die Beistandschaft für Kinder übernehmen, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind.
Als Beistand kann das Jugendamt sich um die Feststellung der Vaterschaft und deren Anerkennung durch den Vater bemühen. Es kann auch Unterhaltsansprüche des Kindes gegenüber dem nicht betreuenden Elternteil geltend machen. Entweder indem es sich um eine gütliche Einigung zwischen den Eltern bemüht oder indem es den Unterhaltsanspruch im gerichtlichen Verfahren durchsetzt.
5. Weitere Hilfe und Unterstützungen
Das Jugendamt kann bei der Suche nach einer eigenen Wohnung behilflich sein. Es kann auch einen Platz in einer Mutter/Vater-Kind-Einrichtung oder einem betreuten Wohnprojekt vermitteln und helfen, entsprechende Anträge zu stellen.
Über die allgemeine Schwangerschaftsberatung und allgemeine Vorschriften zum Schutz schwangerer Frauen informiert der Beitrag "Schwangere Frauen: Beratung und Unterstützung, Stiftungs- und Sozialleistungen."
1 Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24.06.2014 - 1 BvR 2926/13, Rn 30.