Masernschutzgesetz
In der Öffentlichkeit ist fast ausschließlich über die Problematik der Impfpflicht vor Aufnahme in Kitas bzw. Schule diskutiert worden. Das Gesetz geht darüber aber weit hinaus und verlangt einen ausreichenden Impfschutz nicht nur der Menschen, die in bestimmten Gemeinschaftsunterkünften betreut werden, untergebracht oder beschäftigt sind, sondern auch der Beschäftigten im Gesundheitswesen.
1. Geltungsbereich
Das Gesetz gilt
- für Personen, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind, und
- in bestimmten Gemeinschaftseinrichtungen bzw. Einrichtungen des Gesundheitswesens betreut, untergebracht oder beschäftigt werden.
Personen, die vor 1970 geboren wurden, haben mit hoher Wahrscheinlichkeit die Masern bereits durchgemacht. Deshalb werden sie von der Impflicht ausgenommen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt jedoch allen ungeimpften oder in der Kindheit nur einmal geimpften Personen oder Personen mit unklarem Immunstatus sich insbesondere bei Kontakt mit Maserkranken innerhalb von drei Tagen einmalig vorzugweise mit MMR-Impfstoff impfen zu lassen.
Der Masernschutz ist beschränkt auf Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, auf Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern sowie auf Einrichtungen des Gesundheitswesens (§ 20 Abs. 8 IfSG).
Er erfasst außer den in diesen Einrichtungen betreuten oder untergebrachten Personen auch alle in diesen Einrichtungen tätigen Personen, also nicht nur Mitarbeiter/innen mit Erziehungs-, Pflege- oder Aufsichtstätigkeiten, sondern auch Mitarbeiter, die hauswirtschaftliche, technisch-handwerkliche oder Verwaltungsaufgaben wahrnehmen sowie ehrenamtlich Tätige und Praktikanten.
1.1 Nachweispflichtige Personen
Folgende Personen müssen entweder ausreichenden Impfschutz gegen Masern oder ab der Vollendung des ersten Lebensjahres eine Immunität gegen Masern aufweisen (siehe Abschnitt 1.2):
- Personen, die in Kindertageseinrichtungen, Kinderhorten, Schulen, sonstigen Ausbildungseinrichtungen oder in Kindertagespflege, soweit nach § 43 SGB VIII erlaubnispflichtig, betreut oder beschäftigt werden (§ 20 Abs. 8 Nr. 1 IfSG).
- Personen, die bereits vier Wochen in Heimen betreut werden bzw. in einer Einrichtung zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, vollziehbar Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern untergebracht sind bzw. in diesen Einrichtungen Tätigkeiten ausüben (§ 20 Abs. 8 Nr. 2 IfSG).
- Personen, die in einer der folgenden Einrichtungen Tätigkeiten ausüben (§ 20 Abs. 8 Nr. 3 IfSG):
- Krankenhäuser,
- Einrichtungen für ambulantes Operieren,
- Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,
- Dialyseeinrichtungen,
- Tageskliniken,
- Entbindungseinrichtungen,
- Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der in den Nummern 1 bis 6 genannten Einrichtungen vergleichbar sind,
- Arztpraxen, Zahnarztpraxen,
- Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,
- Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden, und
- ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen.
1.2 Adressat und Zeitpunkt des Nachweises
Der Nachweis des Impfschutzes, der Masernimmunität bzw. des Vorliegens einer medizinischen Kontraindikation ist wie folgt zu erbringen:
- Eltern von zu betreuenden Kindern haben vor Aufnahme des Kindes den Nachweis gegenüber der Leitung der Gemeinschaftseinrichtung zu erbringen (§ 34 Abs. 10a).
Landesrecht kann bestimmen, dass vor der Erstaufnahme von Schülern in die erste Klasse einer allgemeinbildenden Schule dieser Nachweis dem Gesundheitsamt gegenüber zu erbringen ist.
Ferner kann die zuständige Behörde bestimmen, dass vor dem Beginn der Tätigkeit im Rahmen der Kindertagespflege der Nachweis ihr gegenüber zu erbringen ist (§ 20 Abs. 9 i. V. m. Abs. 13 IfSG). - Mitarbeitern von Gemeinschaftseinrichtungen, medizinischen Einrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften gegenüber der Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn der Tätigkeit in der Einrichtung.
- Wer zum Zeitpunkt des geplanten Inkrafttretens des Gesetzes am 01.03.2020 bereits in einer Einrichtung betreut wird oder tätig ist, muss den Nachweis bis zum 31. Juli 2021 nachreichen (§ 20 Abs. 10 IfSG).
- Personen, die bereits vier Wochen in einem Heim betreut werden oder in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, haben der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen Nachweis innerhalb von vier weiteren Wochen oder - wenn sie am 1. März 2020 bereits betreut werden oder untergebracht sind - bis zum Ablauf des 31. Juli 2021 vorzulegen (§ 20 Abs. 11 IfSG).
- Alle betroffenen Personen haben auf entsprechende Anforderung den Nachweis gegenüber dem Gesundheitsamt zu erbringen (§ 20 Abs. 12 IfSG-GE).
Nichtgeimpfte Kinder können vom Besuch des Kindergartens ausgeschlossen werden. Nichtgeimpftes Personal darf in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen keine Tätigkeiten aufnehmen.
1.3 Form des Nachweises
Die Personen, die zum Impfschutz verpflichtet sind, müssen einen Nachweis darüber erbringen, dass bei ihnen ein Impfschutz gegen Masern besteht, der den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission entspricht, oder eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, die bestätigt, dass eine Immunität gegen Masern oder dass eine gesundheitliche Kontraindikation gegen eine Schutzimpfung gegen Masern vorliegt (§ 20 Abs. 9 IfSG).
Der Nachweis des Impfschutzes kann durch Vorlage des Impfausweises oder durch eine Impfbescheinigung erfolgen.
Es sind der Gemeinschaftseinrichtung somit also alternativ folgende Nachweise vorzulegen:
- eine Impfdokumentation (Impfausweis oder Impfbescheinigung) oder ein ärztliches Zeugnis, darüber, dass bei dem Kind ein ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht.
Der Impfschutz ist ausreichend, wenn ab der Vollendung des 1. Lebensjahres mindestens eine Schutzimpfung und ab der Vollendung des 2. Lebensjahres mindestens zwei Schutzimpfungen gegen Masern durchgeführt wurden (§ 20 Abs. 8 Satz 2 IfSG). - ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bei dem Kind eine Immunität gegen Masern vorliegt.
Beispiele: Dem Arzt ist eine frühere Masernerkrankung bekannt. Eine serologische Titerbestimmung weist einen ausreichenden Immunschutz aus. - ein ärztliches Zeugnis darüber, dass es aufgrund einer medizinischen Kontraindikation zurzeit nicht geimpft werden kann (§ 20 Abs. 8 Satz 3 IfSG).
Beispiele: Vorliegen einer krankheitsbedingten oder angeborenen Immunschwäche, Schwangerschaft - eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen Einrichtung darüber, dass ein Nachweis bereits vorgelegen hat.
2. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen die
Nachweispflicht
Wenn nachweispflichtige Personen den vorgeschriebenen Nachweis nicht erbringen, kann das Gesundheitsamt die Aufnahme von Kindern, die Tätigkeit von Mitarbeitern sowie das Betreten und die Benutzung einer Einrichtung verbieten (zu weiteren Einzelheiten siehe § 29 Abs. 9 ff IfSG).
Ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro kann u. a. verhängt werden, wenn
- eine Einrichtung eine Person ohne ausreichenden Impfnachweis beschäftigt bzw. einer Person eine Tätigkeit überträgt (§ 73 Abs. 1a Nr 7a IfSG),
- nachweispflichtige Personen, beispielsweise Eltern für ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder den erforderlichen Nachweis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegen (§ 73 Abs. 1a Nr 7c IfSG).
Meldepflicht bei Masernverdacht bzw. -erkrankung
Dem Gesundheitsamt ist der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an Masern sowie der direkte oder indirekte Nachweis von Masernvirus, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich zu melden (§§ 6, 7 IfSG).
Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen.
Zur Meldung verpflichtet sind
- Ärzte und alle Angehörige eines anderen Heil- oder Pflegeberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung oder Anerkennung erfordert (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 IfSG),
- Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen; und Massenunterkünften, Ferienlager (§§ 9, 36, 33 IfSG).