Kinderkrankengeld und Freistellungen wegen Erkrankung bzw. Betreuung eines Kindes 2024
Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer haben Anspruch auf (Kinder-)Krankengeld, wenn sie zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres erkrankten und versicherten Kindes der Arbeit fernbleiben, sofern das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist (§ 45 Abs. 1 SGB V).
Übersicht
1. Kinderkrankengeld
1.1 Voraussetzungen des Anspruchs
1.2 Dauer des Anspruchs auf Krankengeld
1.3 Höhe des Krankengeldes
2. Anspruch aller Mitarbeiter auf Freistellung gegen den Dienstgeber (Kinderkrankenurlaub)
3. Gesetzliche Ansprüche aller Arbeitnehmer auf weitere unbezahlte Freistellung bzw. Arbeitszeitreduzierung
4. Freistellungsansprüche der Mitarbeiter nach den AVR-Caritas
4.1 Bezahlte Freistellung für vier Arbeitstage: Kind unter 14 Jahren
4.2 Unbezahlte Freistellung bei weiterem Betreuungsbedarf
4.3 Reduzierung der Arbeitszeit zur Betreuung eines Kindes
1. Kinderkrankengeld
Der Anspruch auf Kinderkrankengeld ist an enge gesetzliche Voraussetzungen gebunden und besteht nur für eine begrenzte Zeit (§ 45 SGB V):
1.1 Voraussetzungen des Anspruchs auf Kinderkrankengeld
- Der Elternteil ist in der gesetzlichen Krankenversicherung pflicht- oder freiwillig versichert. Er muss außerdem Anspruch auf Krankengeld haben.
Geringfügig Beschäftigte und privat versicherte Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf Krankengeld und Kinderkrankengeld, weil sie nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Diese Mitarbeiter/innen sind auf unbezahlte Freistellung und die Ansprüche beschränkt, die sich aus sonstigen Vorschriften ergeben (siehe Abschnitt 3).
- Als Kinder gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I).
Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern. Stiefkinder sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.
- Das Kind muss gesetzlich krankenversichert sein.
Das Kind ist in der Regel durch den gesetzlich krankenversicherten Elternteil mitversichert (Familienversicherung nach § 10 SGB V).
Kinder sind auch die Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied der Krankenkasse überwiegend unterhält, ferner Pflegekinder sowie Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in Obhut genommen worden sind (§ 10 Abs. 4 SGB V).
Ein Kind ist nicht gesetzlich mitversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des krankenversicherten Ehegatten/Lebenspartner nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt (2024: 5.775 Euro monatlich) und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des gesetzlich krankenversicherten Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt (§ 10 Abs. 3 SGB V).
- Das Kind hat das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet oder ist behindert.
Für behinderte Kinder besteht keine Altersgrenze.
- Eine andere im Haushalt lebende Person kann das Kind nicht beaufsichtigen, betreuen oder pflegen.
Lehnt das Kind die Betreuung durch die andere Person ab oder ist die andere Person zur Pflege nicht bereit, darf die Bewilligung von Krankengeld nicht abgelehnt werden.1
Die Notwendigkeit der Arbeitsbefreiung wegen der Betreuung, Pflege oder Beaufsichtigung hat der Beschäftigte dem Arbeitgeber durch ärztliches Zeugnis nachzuweisen.
Den Antrag auf Kinderkrankengeld hat er an die Krankenkasse zu richten. Viele Krankenkassen bieten die Möglichkeit, den Antrag online auf einem Formular zu erstellen. Auf dessen Rückseite wird die Notwendigkeit der Betreuung, Pflege oder Beaufsichtigung des Kindes von einem Arzt bescheinigt ("Kinderkrankenschein").
1.2 Dauer des Anspruchs auf Krankengeld
Anspruch auf Krankengeld besteht in 2024 und 2025 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage. Sind beide Elternteile pflichtversichert, stehen jedem Elternteil 15 Kinderkrankengeldtage zu.
Alleinerziehende Versicherte werden je Kind längstens für 30 Arbeitstage freigestellt.
Besteht der Anspruch für mehr als zwei Kinder, ist er je versicherten Elternteil auf höchstens 35 Arbeitstage und für alleinerziehende Versicherte auf höchstens 70 Arbeitstage je Kalenderjahr beschränkt.
Kinderkrankentage eines Elternteils, die dieser nicht ausgeschöpft hat, können nur im Einverständnis mit dem Arbeitgeber des anderen Elternteils übertragen werden.
1.3 Höhe des Krankengeldes
Das von der Krankenkasse zu zahlende Krankengeld beträgt 90 vom Hundert des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB V). Hat der Versicherte in den letzten 12 Kalendermonaten vor dem Krankengeldbezug Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld erhalten, wird es in Höhe von 100 Prozent gezahlt. Es darf aber 70 Prozent der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung nicht übersteigen (2024: kalendertäglicher Höchstbetrag = 172,50 Euro).
Vom ermittelten Kinderkrankengeld werden die Beiträge für die Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen.
2. Anspruch aller Mitarbeiter auf Freistellung gegen den Dienstgeber (Kinderkrankenurlaub)
Dem Arbeitnehmer, der Anspruch auf Kinderkrankengeld nach § 45 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V hat, und dem Arbeitnehmer, der keinen Anspruch auf Krankengeld hat, steht für die Dauer des Anspruchs gegen den Arbeitgeber unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung zu (§ 45 Abs. 3 und 5 SGB V).
Bei einer alleinerziehenden geringfügig Beschäftigten, die an fünf Tagen in der Woche je drei Stunden arbeitet, sind 20 Arbeitstage nach vier Wochen verbraucht, während eine Beschäftigte, die an zwei Tagen in der Woche je sieben Stunden arbeitet, bis zu zehn Wochen freizustellen ist.
Der Arbeitgeber ist selbst bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe nicht berechtigt, diese gesetzlich vorgeschriebene Freistellung abzulehnen.
3. Gesetzliche Ansprüche aller Arbeitnehmer auf weitere unbezahlte Freistellung bzw. Arbeitszeitreduzierung
Jede/r Arbeitnehmer/in hat das Recht, die Arbeit einzustellen, wenn diese Ihr/ihm unter Abwägung seiner Interessen mit dem Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitsleistung nicht zugemutet werden kann (§ 275 Abs. 3 BGB).
Unzumutbar ist nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte die Arbeitsleistung, wenn eine unverschuldete Zwangslage infolge der Erkrankung/Pflegebedürftigkeit eines Kindes eingetreten ist und dem Arbeitnehmer nicht zugemutet werden kann, Fremdbetreuung in Anspruch zu nehmen.2
Jede/r Arbeitnehmer/in hat das Recht, die Arbeitszeit zu reduzieren. Sein Anspruch kann vom Arbeitgeber nur abgelehnt werden, wenn betriebliche Gründe konkret dargelegt werden, die dem Anspruch entgegenstehen (§ 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz).
Eine befristete unbezahlte Freistellung von der Arbeit bzw. Arbeitszeitreduzierung ist nach dem Pflegezeitgesetz bzw. dem Familienpflegezeitgesetz zur Pflege von Angehörigen zulässig, die pflegebedürftig im Sinne der §§ 14 und 15 SGB XI sind.
4. Freistellungsansprüche der Mitarbeiter nach den AVR-Caritas
Für Mitarbeiter, für deren Dienstverhältnis die AVR-Caritas gelten, bestehen folgende besondere Regelungen:
4.1 Bezahlte Freistellung für vier Arbeitstage: Kind unter 14 Jahren
Mitarbeiter, die keinen Anspruch auf Freistellung nach § 45 SGB V haben, werden für vier Arbeitstage im Kalenderjahr unter Fortzahlung der Dienstbezüge und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen von der Arbeit freigestellt, wenn ein Kind, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erkrankt und der Pflege bedarf (§ 10 Abs. 2 Buchst. g) Doppelbuchst. bb) AVR).
Diese Regelung hat Bedeutung für
- alle Mitarbeiter, deren erkranktes Kind das 12., aber noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet hat,
- gesetzlich krankenversicherte Mitarbeiter, deren Kind nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert ist, zum Beispiel, weil das Einkommen des Ehegatten regelmäßig höher ist als das Einkommen des betreuenden Mitarbeiters (§ 10 Abs. 3 SGB V),
- geringfügig Beschäftigte und andere nicht krankenversicherte Mitarbeiter.
4.2 Unbezahlte Freistellung bei weiterem Betreuungsbedarf
Im Geltungsbereich der AVR "soll" der Dienstgeber auf Antrag des Mitarbeiters Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge bis zu fünf Jahren gewähren, wenn der Mitarbeiter ein Kind unter 18 Jahren betreuen oder pflegen will und dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange nicht entgegenstehen (§ 10 der Anlage 14 zu den AVR). Diese AVR-Regelung gilt für die Fälle, in denen ein Betreuungs- oder Pflegebedarf besteht und schließt eine Kündigung des Dienstverhältnisses wegen des vorübergehenden Arbeitsausfalls aus.
Die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst enthalten ähnliche Regelungen.
4.3 Reduzierung der Arbeitszeit zur Betreuung eines Kindes
Mitarbeiter/innen im Anwendungsbereich der AVR können die Reduzierung ihrer Arbeitszeit zur Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren verlangen.
Der Dienstgeber "soll" dem Antrag eines Mitarbeiters auf Verringerung der Arbeitszeit entsprechen und darf nur ablehnen, wenn dringende dienstliche oder betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 1a der Anlage 5 zu den AVR).
Die Teilzeitbeschäftigung ist auf bis zu 5 Jahre zu befristen, soweit der Mitarbeiter dies in dem Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit verlangt. Sie kann verlängert werden; der Antrag ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu stellen.
1 Bundessozialgericht, Urteil vom 30.03.2000 - B 3 KR 11/99 R.
2 Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.07.2019 - 2 Sa 299/18, Rn 27ff.;
Landesarbeitsgericht Thüringen, 19.07.2022 - 1 Sa 191/21.
Dieser Beitrag wurde an mehreren Stellen umformuliert und weicht daher inhaltlich geringfügig von der gedruckten Fassung in der Ausgabe 1/2021 (Januar 2021) des Recht-Informationsdienstes ab.