Jedermann-Individualverfassungsbeschwerde in NRW
Dies kann insbesondere durch die behördliche Maßnahme einer Landesbehörde oder durch die Entscheidung eines Gerichts in Nordrhein-Westfalen der Fall sein.
Zu diesen Rechten gehören die in der Landesverfassung gewährleisteten, bisher weithin unbekannten Landesgrundrechte, die grundrechtsgleichen Rechte sowie die in die Landesverfassung einbezogenen Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte des Grundgesetzes (sehen Sie hierzu Art. 4 bis 13 der Landesverfassung NRW: recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=2320020927105939563).
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit die Gerichte, Verwaltungsbehörden oder Selbstverwaltungskörperschaften (Kommunen, Landschaftsverbände) des Landes Bundesrecht ausführen oder anwenden, es sei denn, die Anwendung betrifft Prozessrecht des Bundes durch ein Gericht des Landes.
Individualverfassungsbeschwerden sind beispielsweise zulässig gegen Landesvorschriften und Gerichtsentscheidungen u. a. auf den Gebieten des Schul-, Schwerbehinderten-, Polizei-, Kinder- und Jugendhilferechts, Alten- und Pflegerechts, Wohn- und Teilhaberechts, Rechts der psychisch Kranken, Bestattungsrechts, nicht aber gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte und der Sozialgerichte, soweit diese bundesrechtliche, arbeitsrechtliche oder sozialrechtliche Vorschriften anwenden.
Wie in anderen Bundesländern besteht grundsätzlich die Wahlmöglichkeit die Verletzung von Grundrechten aus dem GG entweder als Verletzung von Rechten aus der Landesverfassung vor dem Landesverfassungsgerichtshof oder vor dem Bundesverfassungsgericht geltend zu machen.
Urteilsverfassungsbeschwerde
Die Beschwerde wird sich in den meisten Fällen gegen das Urteil eines Gerichts richten. In diesem Falle ist sie grundsätzlich erst nach Erschöpfung des Rechtswegs zulässig.
Beispiele: In einem Rechtsstreit über Kraftfahrzeughilfe kann ein schwerbehinderter Arbeitnehmer den VGH erst anrufen, wenn nach dem Sozialgericht das Landessozialgericht seine Klage unter Verletzung von Verfassungsrecht abgewiesen hat.
Der Verfassungsgerichtshof kann jedoch sofort entscheiden, wenn die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.
Rechtssatzverfassungsbeschwerde
Die Beschwerde kann sich unmittelbar gegen ein Landesgesetz, eine Landes-Rechtsverordnung oder eine kommunale Satzungsbestimmung richten, wenn ein Rechtsschutz durch Anrufung eines anderen Gerichts nicht möglich ist.
Form, Frist und Begründung
Die Verfassungsbeschwerde ist binnen eines Monats zu erheben und zu begründen. Sie muss schriftlich oder in qualifizierter elektronischer Form eingereicht werden und ist zu begründen. Eine Einreichung per E-Mail ist nicht zulässig. In der Begründung der Verfassungsbeschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung der Stelle, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.
Der Beschwerdeführer kann die Verfassungsbeschwerde persönlich erheben oder sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule vertreten lassen (§ 55 Abs. 1).
Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer.
Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlass des Hoheitsaktes erhoben und begründet werden (§ 55 Abs. 3).
Prozesskostenhilfe, Verfahrenskosten, Missbrauchsgebühr
Dem Beschwerdeführer kann entsprechend der Vorschriften der Zivilprozessordnung Prozesskostenhilfe wegen etwaiger Anwaltskosten bewilligt werden (§ 56).
Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist grundsätzlich gerichtskostenfrei. Ist eine Verfassungsbeschwerde allerdings unzulässig oder offensichtlich unbegründet, kann der Verfassungsgerichtshof dies dem Beschwerdeführer mitteilen und die Weiterführung des Verfahrens von der Einzahlung eines Kostenvorschusses von bis zu 1000 Euro abhängig machen.
Die Verfassungsbeschwerde gilt als zurückgenommen, wenn der Beschwerdeführer den Vorschuss nicht innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung der Vorschussanforderung zahlt. Auf diese Rechtsfolge ist der Beschwerdeführer bei der Vorschussanforderung hinzuweisen (§ 58 Abs. 3).
Merkblatt zur Verfassungsbeschwerde
Weitere wichtige Informationen zur Verfassungsbeschwerde sind vom Verfassungsgerichtshof in einem Merkblatt zusammengefasst: www.vgh.nrw.de/verfassungsgerichtshof/status_zustaendigkeit/verfassungsbeschwerde/1812-Merkblatt-Verfassungsbeschwerde.pdf