Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel für kranke, behinderte, alte und pflegebedürftige Menschen (Übersicht)
- Einschränkungen zu mindern oder auszugleichen, die infolge einer Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit eingetreten oder zu erwarten sind,
- eine durch Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen (soziale Teilhabe),
- die Pflege zu erleichtern, Beschwerden des Pflegebedürftigen zu lindern oder ihm eine selbständigere Lebensführung zu ermöglichen.
Übersicht
1. Zuständige Sozialleistungsträger
2. Antrag und ärztliche Verordnung
3. Arten der Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel
3.1 Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel
3.2 Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkassen
3.3 Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel der gesetzlichen Pflegekassen
3.4 Technische Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkassen
3.5 Technische Pflegehilfsmittel der gesetzlichen Pflegekassen
4. Entscheidungsfrist und Erstattungsanspruch
1. Zuständige Sozialleistungsträger
Zur Leistung von Hilfsmitteln sind die gesetzlichen Krankenkassen, die Pflegekassen, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der Sozialhilfe und die Integrationsämter gesetzlich verpflichtet (§§ 23, 33 SGB V, § 31 SGB VII, § 84 SGB IX, § 40 SGB XI, § 64d SGB XII, § 1 OEG, §§ 11-13 BVG).
Die gesetzlichen Regelungen weisen erhebliche Unterschiede auf. Die nachstehenden Erläuterungen und Hinweise auf Rechtsvorschriften beschränken sich weitgehend auf Hilfsmittel für kranke Menschen und für Menschen mit einer Behinderung.
2. Antrag und ärztliche Verordnung
Hilfsmittel werden auf Antrag geleistet. Der Antrag auf ein Hilfsmittel kann bei einem beliebigen Leistungsträger eingereicht werden. Hält dieser sich nicht für zuständig, hat er den Antrag an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten (§ 14 SGB IX).
Die ärztliche Verordnung eines Hilfsmittels ist bei der erstmaligen Versorgung stets erforderlich, später nur dann, wenn die Kasse eine vorherige Genehmigung verlangt bzw. eine erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist.
Erfordernis und Inhalt der ärztlichen Verordnung sowie die Verordnungsfähigkeit von Seh- und Hörhilfen sind in der Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses der Krankenkassen und Ärzte näher bestimmt.
Der Arzt hat auf dem rosa Rezept (Muster 16) alle für die individuelle Versorgung notwendigen Einzelangaben zu verzeichnen. Das Rezept ist 28 Tage/einen Monat gültig.
3. Arten der Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel
Im Alltag übliche Gebrauchsgegenstände der Wohnungseinrichtung, Computer, Fahrräder und PKW sind keine Hilfsmittel im gesetzlichen Sinne. Falls sie aber vom Betroffenen zum Beispiel nur nach spezieller Anpassung bzw. mit Zusatzeinrichtung als Hilfsmittel nutzbar sind, hat der Leistungsträger die zusätzlichen Aufwendungen zu übernehmen.
Beispiel: Kosten der barrierefreien Zusatzausstattung oder einer speziellen Software zur Nutzung eines Computers durch einen blinden Menschen (§ 84 Abs. 1 Satz 2 SGB IX).
Die gesetzlichen Regelungen unterscheiden
- zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel,
- technische Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel und
- nur für Pflegebedürftige: Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (§ 40 Abs. 4 SGB XI).
Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen und Pflegekassen ist grundsätzlich auf die im Hilfsmittelverzeichnis genannten Hilfsmittel beschränkt. In der Regel bestehen Preisgrenzen, bis zu denen die Erstattung möglich ist (§ 139 SGB V). Das vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen, der auch Spitzenverband der Pflegekassen ist, erstellte systematisch strukturierte Hilfsmittelverzeichnis erfasst derzeit ca. 30.000 Hilfsmittel.
3.1 Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel
Zu den zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln gehören Produkte, die wegen der Beschaffenheit ihres Materials oder aus hygienischen Gründen in der Regel nur einmal benutzt werden können. Die Dauer der Benutzung ist dabei unerheblich. Einige Produkte können als Hilfsmittel und als Pflegehilfsmittel eingesetzt werden (bifunktionale Hilfsmittel).
3.2 Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkassen
Die gesetzlichen Krankenkassen haben ihren Versicherten zum einmaligen Verbrauch bestimmte Hilfsmittel zu verschaffen, wenn diese im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Beispiele: Fingerlinge, Inkontinenzhilfen, Insulin- und andere Spritzen zur einmaligen Verwendung, Ernährungsbeutel, Einmalkatheter, Einmalhandschuhe und andere Hautschutzmittel.
3.3 Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel der gesetzlichen Pflegekassen
Versicherte mit einem anerkannten Pflegegrad (§ 15 SGB XI) haben im Rahmen des § 40 SGB XI Anspruch auf zum Verbrauch bestimmte Produkte, die zur Pflege der Versicherten oder des Versicherten und/oder zum Schutz der Pflegeperson eingesetzt werden sollen (Pflegehilfsmittel), soweit diese nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung oder anderen Leistungsträgern zur Verfügung zu stellen sind.
Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel sind u. a. Einmalhandschuhe, Flächen- und Handdesinfektionsmittel, saugende Bettschutzeinlagen, Schutzschürzen und Mundschutz (Produktgruppe 54 des Hilfsmittelverzeichnisses).
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch müssen nicht vom Arzt verschrieben werden.
Sie können von Betroffenen oder deren Angehörige in Drogerien oder Apotheken gekauft werden. Monatliche Kosten bis in Höhe von 40 Euro (bis zum 31.12.2021 bis zu 60 Euro) werden nach § 40 Abs. 2 SGB XI von der Pflegekasse erstattet, wenn
- die betroffene Person einen Pflegegrad von 1 bis 5 hat.
- die Pflege im eigenen Haus, im Haus der Familie, einer WG oder dem Betreuten Wohnen erfolgt.
- eine angehörige Person oder ein Pflegedienst die betroffene Person pflegen.
Für stationäre Pflegeheimbewohner ist in aller Regel das Heim für die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln im Rahmen des für den Bewohner geltenden Kostenrahmens zuständig.
3.4 Technische Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkassen
Technische Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkassen werden in den Produktgruppen 01 bis 37 des Hilfsmittelverzeichnisses beschrieben:
01. Absauggeräte
02. Adaptionshilfen
03. Applikationshilfen
04. Bade- und Duschhilfen
05. Bandagen
06. Bestrahlungsgeräte
07. Blindenhilfsmittel
08. Einlagen
09. Elektrostimulationsgeräte
10. Gehhilfen
11. Hilfsmittel gegen Dekubitus
12. Hilfsmittel bei Tracheostoma
13. Hörhilfen
14. Inhalations- und Atemtherapiegeräte
15. Inkontinenzhilfen
16. Kommunikationshilfen
17. Hilfsmittel zur Kompressionstherapie
18. Kranken-/Behindertenfahrzeuge
19. Krankenpflegeartikel
20. Lagerungshilfen
21. Messgeräte für Körperzustände/-funktionen
22. Mobilitätshilfen
23. Orthesen/Schienen
24. Prothesen
25. Sehhilfen
26. Sitzhilfen
27. Sprechhilfen
28. Stehhilfen
29. Stomaartikel
30. unbesetzt
31. Schuhe
32. Therapeutische Bewegungsgeräte
33. Toilettenhilfen
34. Haarersatz
35. Epithesen
36. Augenprothesen
37. Brustprothesen
99. Verschiedenes
Der Anspruch der Versicherten umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen.
Bei Hilfsmitteln mit Festbetrag übernehmen die Kassen die Kosten bis zur Höhe des vom GKV-Spitzenverband festgesetzten Festbetrags. Bei Hilfsmitteln ohne Festbetrag übernehmen sie die Kosten bis maximal zur Höhe des von ihnen mit dem Vertragslieferanten vereinbarten Preises.
www.rehadat-gkv.de/festbetraege/index.html
3.5 Technische Pflegehilfsmittel der gesetzlichen Pflegekassen
Pflegehilfsmittel sollen pflegebedürftigen Menschen und deren Betreuern im Alltag helfen. Sie unterstützen die Pflege, lindern Beschwerden oder ermöglichen eine selbstständigere Lebensführung.
Technische Pflegehilfsmittel werden in den Produktgruppen 50 bis 53 beschrieben:
50. Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege
51. Pflegehilfsmittel zur Körperpflege/Hygiene
52. Pflegehilfsmittel zur selbstständigeren Lebensführung/Mobilität
53. Pflegehilfsmittel zur Linderung von Beschwerden
Beispiele: Pflegebett, Toilettenstuhl, Rollstuhl, Gehhilfen.
Für technische Hilfsmittel müssen Versicherte ab dem 19. Lebensjahr eine Zuzahlung in Höhe von 10 Prozent der Kosten des Hilfsmittels, maximal 25 Euro je Hilfsmittel leisten (§ 40 Abs. 3 SGB XI).
4. Entscheidungsfrist und Erstattungsanspruch
Über einen Antrag auf Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel muss die Kranken-/Pflegekasse spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang entscheiden.
Wird eine gutachtliche Stellungnahme z. B. einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes eingeholt, muss die Kranken-/Pflegekasse innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang entscheiden.
Kann die Frist nicht eingehalten werden, teilt die Pflegekasse dies dem Antragsteller mit einer Begründung rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, darf der Versicherte sich das Hilfsmittel selbst beschaffen (§ 40 Abs. 6 SGB XI).
Die Kasse ist in diesem Fall zur Kostenerstattung auch dann verpflichtet, wenn sie nach den gesetzlichen Vorschriften nicht dazu verpflichtet wäre.
Die aktuell geltenden Regelungen für Kranken- und Pflegekassen werden vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen veröffentlicht:
www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/hilfsmittel/richtlinien_und_empfehlungen