Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen
Übersicht
1. Erfasste Berufe
1.1 Staatlich reglementierte Berufe
1.2 Staatlich nicht reglementierte Berufe
2. Bedeutung der Gleichwertigkeitsfeststellung
3. Rechtsanspruch auf ein Bewertungsverfahren
4. Verfahren zu Feststellung der Gleichwertigkeit
5. Entscheidung über die Gleichwertigkeit
6. Kosten des Verfahrens, sonstige Kosten, Kosten von
Anpassungsqualifikationen
6.1 Kostenübernahme durch die Arbeitsverwaltung
6.2 Kostendeckung durch Bildungsscheck
7. Anerkennung im Ausland erworbener Schul- und
Hochschulabschlüsse
Nach amtlichen Schätzungen könnten ca. 300.000 Personen ein Interesse an einer Anerkennung ihres Berufsabschlusses haben, insbesondere Arbeitslose und unterhalb ihrer Qualifikation Beschäftigte, die bisher ihre Qualifikationen oft nicht optimal nutzen konnten.
1. Erfasste Berufe
Das "Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufs-qualifikationen" gilt für ca. 450 Berufe, für die bundesrechtliche Regelungen, Gesetze bzw. Ausbildungsordnungen bestehen.
Das Gesetz besteht aus dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) sowie aus Regelungen zur Anpassung bereits bestehender Vorschriften in rund 60 Berufsgesetzen und Verordnungen des Bundes z.B. für akademische und nichtakademische Heilberufe und Handwerksmeister.
Das Anerkennungsgesetz gilt nicht für 18 Berufe, die durch Landesrecht geregelt sind z. B Lehrer, Sozialpädagogen, Erzieher, Ingenieure, Architekten, Berufe mit schulischen Berufsausbildungs-abschlüssen (→ Anerkennungsgesetz NRW).
Das Gesetz gilt für reglementierte und für nicht-reglementierte Berufe.
1.1 Staatlich reglementierte Berufe
Staatlich reglementierte Berufe sind berufliche Tätigkeiten, deren Aufnahme oder Ausübung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist. Eine Art der Ausübung ist die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungs-vorschriften auf Personen beschränkt ist, die über bestimmte Berufsqualifikationen verfügen (§ 3 Absatz 5 BQFG).
Durch das Anerkennungsgesetz werden bereits bestehende Regelungen für Menschen bzw. Quali-fikationen aus Ländern außerhalb der EU (Drittstaaten) geöffnet. Die Änderungen in den einzelnen Berufsgesetzen finden sich in den Artikeln 3 bis 61 des Gesetzes.
Das Anerkennungsgesetz gilt u.a. für 41 reglementierte Handwerksberufe. Bei diesen Berufen beschränkt sich die Reglementierung darauf, dass nur Meister und Gleichgestellte einen handwerklichen Betrieb führen dürfen (Anlage A der Handwerksordnung).
Beispiele: Maurer, Bäcker, Fleischer, Schornsteinfeger, Maler, Friseure.
Es bezieht sich ferner auf 40 reglementierte gesundheits- und rechtspflegerische Berufe, u.a. auf
- Ärzte, Psychotherapeuten,
- Krankenpfleger, Altenpfleger, Hebammen, Physiotherapeuten, MTA, PTA, Physiotherapeuten,
- Diätassistenten, Ergotherapeuten, Logopäden, Orthoptisten, Podologen,
- Steuer- und Wirtschaftsberater, Rechtsanwälte, Notare, Rechtspfleger.
Liste mit allen in Deutschland reglementierten Berufen unter: http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/regprof/index.cfm?fuseaction=regProf.listCountry
1.2 Nicht staatlich reglementierte Berufe
Ist ein Beruf in Deutschland nicht staatlich reglementiert, kann sich jeder Angehörige dieses Berufs mit der ausländischen Qualifikation direkt auf dem deutschen Arbeitsmarkt bewerben oder sich selbständig machen.
Für diese Berufe schafft das BQFG einen allgemeinen Anspruch auf Feststellung der Gleichwertigkeit einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation mit dem vergleichbaren deutschen Abschluss.
Liste mit allen anerkannten Ausbildungsberufen im dualen System unter: www.bibb.de/de/26171.htm
Nicht staatlich reglementierte Berufe sind ca. 350 handwerkliche, kaufmännische und industrielle Ausbildungsberufe im dualen System, die durch Ausbildungsordnungen bundeseinheitlich geregelt sind und die an den beiden Lernorten Betrieb und Berufsschule erlernt werden.
Beispiele: Industriemechaniker, Kaufmann/frau im Einzelhandel, medizinische Fachangestellte.
2. Bedeutung der Gleichwertigkeitsfestellung
Die Prüfung der Gleichwertigkeit hat bei den reglementierten und den nicht-reglementierten Berufen eine unterschiedliche Funktion und damit auch unterschiedliche Bedeutung.
- Für den Berufszugang und die Ausübung eines reglementierten Berufes ist die Gleichwertigkeits-feststellung der ausländischen Berufsqualifikation zwingend erforderlich.
- Für den Zugang und die Ausübung eines nicht-reglementierten Berufes wird die Gleichwertigkeits-festellung nicht vorausgesetzt. Eine Gleichwertigkeitsfeststellung macht aber die ausländischen Qualifikationen transparent und kann beispielsweise bei Bewerbungen und bei der Eingruppierung nützlich sein.
Personen, denen die volle Gleichwertigkeit ihrer Auslandsqualifikation bescheinigt wird, haben die gleichen Rechte wie Personen mit einem deutschen Prüfungszeugnis. Sie erhalten aber kein deutsches Prüfungszeugnis, sondern einen Gleichwertigkeitsbescheid.
3. Rechtsanspruch auf ein Bewertungsverfahren
Ein Verfahren zur Überprüfung der Gleichwertigkeit kann jede Person beantragen, die
- über einen ausländischen Berufsabschluss verfügt,
- beabsichtigt, eine Erwerbstätigkeit in Deutschland auszuüben.
Das Gesetz schafft die bisherige Kopplung an die deutsche Staatsangehörigkeit bzw. EU-Bürgerschaft weitgehend ab. In den meisten Berufen kommt es nur noch auf den Inhalt und die Qualität der Berufs-qualifikationen an.
4. Verfahren zu Feststellung der Gleichwertigkeit
Das Verfahren wird auf Antrag eingeleitet.
Im Verfahren wird der im Ausland erworbene Berufsabschluss mit einer deutschen, auf Bundesrecht beruhenden Referenzqualifikation verglichen.
Die deutsche Referenzqualifikation ist im Antrag auf Gleichwertigkeitsprüfung festzulegen. Dies geschieht in Absprache (Einvernehmen) zwischen den Antragstellern und der zuständigen Stelle. Die Gleichwertig-keitsprüfung erfolgt bezogen auf den aktuell gültigen deutschen Abschluss.
Die zuständige Stelle prüft, ob wesentliche inhaltliche oder zeitliche Unterschiede zwischen der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation und der deutschen Berufsqualifikation (Referenzqualifikation) bestehen.
Wenn wesentliche Unterschiede zwischen den Berufsqualifikationen bestehen, prüft die zuständige Stelle, ob diese durch sonstige Befähigungsnachweise (z. B. Weiterbildungen, Zusatzausbildungen, Umschulungen) oder durch nachgewiesene einschlägige Berufserfahrungen - sowohl im In- als auch im Ausland erworbene - ausgeglichen werden können.
Erhält die zuständige Stelle keine ausreichenden Nachweise oder fehlen ihr die erforderlichen Infor-mationen für ihre Prüfung, ist es im Anwendungsbereich des BQFG möglich, eine Qualifikationsanalyse zur Feststellung der für einen Vergleich mit der inländischen Berufsbildung maßgeblichen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten durchzuführen. Eine Qualifikationsanalyse kann durch unterschiedliche Instrumente, z.B. durch Arbeitsproben oder Fachgespräche, erfolgen.
5. Entscheidung über die Gleichwertigkeit
Wenn keine wesentlichen Unterschiede zwischen der Auslands- und der Inlandsqualifikation festgestellt werden, wird die vollständige Gleichwertigkeit in der Gleichwertigkeitsbescheinigung festgestellt (Bescheid). Wer eine Gleichwertigkeitsbescheinigung erhält, wird rechtlich genauso behandelt wie Personen mit einem entsprechenden deutschen Berufsabschluss.
Bestehen wesentliche Unterschiede zwischen der Auslands- und der Inlandsqualifikation, aber vergleichbare Qualifikationsinhalte, stellt die zuständige Stelle bei Ausbildungsberufen im dualen System die vorhandenen Qualifikationen dar.
Die Entscheidung über die Gleichwertigkeit muss grundsätzlich innerhalb von drei Monaten ab Vorliegen aller zur Entscheidung erforderlichen Unterlagen ergehen.
6. Kosten des Verfahrens, sonstige Kosten, Kosten von
Anpassungsqualifikationen
Das Verfahren ist gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach den Gebührenregelungen der zuständigen Stelle und hängt von dem individuellen Aufwand für die Durchführung der Verfahren ab.
Auch die sonstigen Kosten beispielsweise für Kopien, Übersetzungen und Beglaubigungen, hat der Antragsteller grundsätzlich selbst zu tragen.
6.1 Kostenübernahme durch die Arbeitsverwaltung
Arbeitslose und arbeitsuchende Antragsteller sollten im Vorfeld der Antragstellung bei ihrem zuständigen Jobcenter klären, ob eine Kostenübernahme durch die Arbeitsverwaltung möglich ist. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob die Anerkennung der ausländischen Bildungsabschlüsse für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt individuell erforderlich ist.
Sind im Anerkennungsverfahren Qualifikationslücken festgestellt worden, können auch die Kosten der erforderlichen Anpassungsqualifikationen evtl. von der Agentur für Arbeit/dem Jobcenter übernommen werden.
6.2 Kostendeckung durch Bildungscheck
Mit dem Bildungsscheck NRW werden private und betriebliche Weiterbildungsausgaben zur Hälfte (maximal bis zu 2.000 € pro Bildungsscheck und Kalenderjahr) bezuschusst. Bei einer privat organisierten Weiterbildung tragen die Beschäftigten die andere Hälfte der Kosten, bei einer betrieblich organisierten Weiterbildung trägt der Arbeitgeber die Hälfte der Kosten. Für das Förderprogramm stehen Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung.
→ www.weiterbildungsberatung-nrw.de
7. Anerkennung im Ausland erworbener Schul- und
Hochschulabschlüsse
Für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse zum Zweck der Hochschulzugangsberechtigung oder zur Anrechnung im Ausland erbrachter Studien- und Prüfungsleistungen gilt das Anerkennungsgesetz nicht. Dafür sind in der Regel die Hochschulen zuständig.
Auch die Anerkennung im Ausland erworbener Schul- und Hochschulabschlüsse die nicht zu einem reglementierten Beruf hinführen (z.B. Betriebswirt, Psychologe) wird im Anerkennungsgesetz nicht geregelt. Insoweit besteht die Möglichkeit einer individuellen Zeugnisbewertung durch die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB).
Über die in Nordrhein-Westfalen geltenden Zuständigkeiten und Regelungen informiert der vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales herausgegebene "Wegweiser Nordrhein-Westfalen für die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsnachweisen und Qualifikationen von Zuwanderinnen und Zuwanderern".
Download unter www.mais.nrw.de
Der Beitrag wurde im Januar 2014 umfangreich aktualisiert und weicht daher inhaltlich von der gedruckten Fassung der Ausgabe 3/2012 (Juli 2012) des Recht-Informationsdienstes ab.