Familienger. Verfahren: Pflicht zur persönlichen Anhörung des Kindes in Kindschaftssachen, Beteiligung eines Verfahrensbeistands/Sachverständigen
- ein schwerwiegender Grund dafür vorliegt.
Beispiel: Wegen akuter Gefährdung des Kindes ist eine sofortige Fremdunterbringung erforderlich. Die Anhörung ist in diesem Fall unverzüglich nachzuholen. - das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun (wird bis zum dritten Lebensjahr des Kindes vermutet).
Jedoch muss sich das Gericht in Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls in jedem Fall einen persönlichen Eindruck vom Kind verschaffen. - die Neigungen, Bindungen und der Wille des Kindes für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind und eine persönliche Anhörung auch nicht aus anderen Gründen angezeigt ist oder
- das Verfahren ausschließlich das Vermögen des Kindes betrifft und eine persönliche Anhörung nach der Art der Angelegenheit nicht angezeigt ist.
Das Kind soll über den Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in einer geeigneten und seinem Alter entsprechenden Weise informiert werden, soweit nicht Nachteile für seine Entwicklung, Erziehung oder Gesundheit zu befürchten sind. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
Hat das Gericht dem Kind nach § 158 FamFG einen Verfahrensbeistand bestellt, soll die persönliche Anhörung und die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in dessen Anwesenheit stattfinden. Im Übrigen steht die Gestaltung der persönlichen Anhörung im Ermessen des Gerichts.
Das Gericht kann Sachverständige nicht nur zur Begutachtung, sondern auch als Berater und Unterstützer heranziehen, beispielsweise wenn ein Sachverständiger aufgrund seiner vorherigen Begutachtung "schon Zugang zu dem Kind hat oder weil bei einem "verschlossenen" Kind der psychologisch gebildete Sachverständige das Gericht dabei unterstützen kann, dass sich das Kind öffnet.”
Begründung der Bundesregierung in:
https://dserver.bundestag.de/btd/19/237/1923707.pdf, Seite 52 bis 58
Familiengerichtliches Verfahren: Verfahrensbeistand
Das Familiengericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist (§ 158 FamFG).
Pflicht zur Bestellung eines Verfahrensbeistands
Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge (§§ 1666 und 1666a BGB),
- der Ausschluss des Umgangsrechts (§ 1684 BGB) oder
- eine Verbleibensanordnung (§ 1632 Absatz 4 oder § 1682 BGB).
Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn
- das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
- eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
- das Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand hat oder
- eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Fachliche und persönliche Eignung
Der Nachweis der fachlichen Eignung kann insbesondere über eine sozialpädagogische, pädagogische, juristische oder psychologische Berufsqualifikation sowie eine für die Tätigkeit als Verfahrensbeistand spezifische Zusatzqualifikation und regelmäßige Fortbildung erbracht werden. (§ 158a FamFG: gilt ab 01.01.2022).
Die persönliche Eignung kann durch Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nachgewiesen werden.
Aufgaben des Verfahrensbeistands
Der Verfahrensbeistand hat das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er soll zu diesem Zweck auch eine schriftliche Stellungnahme erstatten. Der Verfahrensbeistand hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Endet das Verfahren durch Endentscheidung, soll der Verfahrensbeistand den gerichtlichen Beschluss mit dem Kind erörtern.
Soweit erforderlich kann das Gericht dem Verfahrensbeistand die Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Das Gericht hat Art und Umfang der Beauftragung konkret festzulegen und die Beauftragung zu begründen (§ 158b FamFG).