Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Nachweispflichten des Arbeitnehmers
Im Krankheitsfall hat der Arbeitnehmer Mitteilungs- und Nachweispflichten zu erfüllen.
1. Mitteilungspflicht
Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz - EFZG).
Unverzüglich bedeutet, dass die Mitteilung "ohne schuldhaftes Zögern" erfolgen muss (§ 121 Abs. 1 BGB). Deshalb entsteht die Mitteilungspflicht in dem Moment, in dem der Arbeitnehmer sich entschließt, der Arbeit fernzubleiben und ihm die Mitteilung möglich und zumutbar ist. Sie entsteht nicht erst nach dem Arztbesuch.
Beispiele: Nicht möglich ist die Mitteilung, wenn der Arbeitgeber an Wochenenden, außerhalb der Arbeitszeit oder aus technischen Gründen nicht erreichbar ist.
Unzumutbar ist die Mitteilung, solange der Mitarbeiter z. B. wegen hohen Fiebers, Sprach- oder Bewegungsunfähigkeit nicht in der Lage ist, selbst die Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen, und auch keine nahestehende und dem Arbeitgeber bekannte Person vom Mitarbeiter dazu gebeten werden kann.
Die Mitteilung bedarf keiner besonderen Form und kann mündlich, schriftlich per E-Mail usw. sowohl durch den Arbeitnehmer selbst als auch durch Angehörige oder Arbeitskollegen erfolgen.
Sie ist an die vom Arbeitgeber bestimmte Person (Vorgesetzter) oder Stelle (Personalabteilung) zu richten.
Die Mitteilungspflicht ist erfüllt, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die Erkrankung und deren voraussichtliche Dauer unterrichtet. Weitere Angaben über Art und Ursache der Erkrankung sind nur mitzuteilen, wenn dies zum Schutz der Kolleginnen und Kollegen sowie der Bewohner/Besucher der Einrichtung erforderlich ist (z. B. bei ansteckenden Erkrankungen) oder wenn der Arbeitgeber Ersatzansprüche gegenüber Dritten geltend machen könnte.
2. Nachweispflicht
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, haben die Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind, das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung darüber aushändigen zu lassen.
Die ärztliche Bescheinigung muss einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird (gilt nur für Kassenärzte).
2.1 Pflicht zum vorzeitigen Nachweis
Der Arbeitgeber ist berechtigt, in Einzelfällen die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bereits vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an zu verlangen.
Beispiele: Der Arbeitnehmer fehlt überdurchschnittlich häufig an Brückentagen, nach dem Ende des Erholungsurlaubs, mehrmals einen Tag im Monat.1
Nicht zulässig wäre es, allen Arbeitnehmern der Einrichtung oder einer Abteilung die Verpflichtung zur Vorlage ab dem ersten Tag aufzuerlegen.
2.2 Folgemitteilungs- und Nachweispflicht
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben ist hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber darüber zu informieren, sobald vorhersehbar ist, dass die Arbeitsunfähigkeit weiter bestehen wird.
Auch die voraussichtliche Dauer der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit hat er mitzuteilen (§ 5 Abs. 1a Satz 2 EFZG).
Zur Vermeidung von Risiken sollte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer möglichst frühzeitig informieren und seine weitere Arbeitsunfähigkeit spätestens an dem Tag feststellen lassen, an dem der Arbeitnehmer nach der Erstbescheinigung seine Arbeit wieder hätte antreten müssen.
3. Mitteilungs- und Nachweispflicht nach Ablauf des
Zeitraums der Entgeltfortzahlung
Der Arbeitnehmer bleibt grundsätzlich auch nach Ende der Entgeltfortzahlung verpflichtet, eine fortbestehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber mitzuteilen und ärztlich feststellen zu lassen; denn der Arbeitgeber hat weiterhin ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, wann der Arbeitnehmer die Arbeit wieder aufnehmen wird.
Verletzungen der Mitteilungs- und Nachweispflichten können zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.
Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses der Krankenkassen und Ärzte befasst sich in § 5 mit der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt (www.g-ba.de/richtlinien/2).
1 Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 13.12.2018 - 4 Sa 514/18, Rn 77.