COVID-19: Arbeitsschutz nach Aufhebung der Corona-Arbeitsschutzverordnung
Nur in Einrichtungen der medizinischen Versorgung und Pflege sind weiterhin corona-spezifische Regelungen des Infektionsschutzgesetzes zu beachten.
In allen anderen Bereichen können Arbeitgeber eigenverantwortlich festlegen, ob und welche Maßnahmen zum Infektionsschutz am Arbeitsplatz erforderlich sind. Dabei haben sie die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen (Betriebsrat, Personalrat, Mitarbeitervertretung) zu beachten.
Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung empfiehlt nach wie vor die Einhaltung der AHA+L-Regel zum betrieblichen Infektionsschutz, weil dadurch auch der Schutz vor Atemwegsinfektionen wie Grippe und grippale Infekte erreicht wird.
Die AHA+L-Regel verlangt:
- Abstand von mindestens 1,5 m von anderen Personen,
- Hygiene beachten: regelmäßiges gründliches Händewaschen. Nicht zur Arbeit gehen, wenn die Gefahr der Ansteckung anderer Personen besteht.
- Maske tragen, wenn bei Vorliegen typischer Erkältungssymptome der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann bzw. der Aufenthalt in geschlossenen Räumen erforderlich ist.
- Lüften von Innenräumen durch regelmäßiges kurzzeitiges Stoßlüften bei weit geöffneten Fenstern.
Zusätzlich empfohlene Maßnahmen bei hoher Infektionsrate im lokalen Umfeld des Betriebs/der Einrichtung:
- berufsbedingte Kontakte möglichst vermeiden, reduzieren oder durch digitale Kontakte ersetzen (Video-Konferenz, Home-Office).
- vulnerable Personen können sich selbst durch Tragen einer medizinischen Gesichts- oder Atemschutzmaske schützen. Der Arbeitgeber kann symptomfreie Arbeitnehmer verpflichten, bei Kontakten mit vulnerablen Kollegen eine Maske zu tragen.
Die Empfehlungen des Bundesministeriums beruhen auf Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts und der Arbeitsgemeinschaft Influenza.
Gesetzliche Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 01.06.2022 - 5 AZR 28/22, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpflichten konkretisiert, die sich aus den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften - nach dem Wegfall der corona-spezifischen Regelungen - weiterhin ergeben:
- Der Arbeitgeber hat Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit geschützt ist. Er hat die Arbeitnehmer davor zu schützen, dass sie durch Ansteckungen durch andere Arbeitnehmer in ihrer Gesundheit gefährdet werden. Der Arbeitgeber hat - soweit dies erforderlich und zumutbar ist - das Ansteckungsrisiko auch für andere Arbeitnehmer bei der Arbeit möglichst gering zu halten.
- Bei der Umsetzung der Schutzpflichten nach § 3 ArbSchG hat der Arbeitgeber die Leitlinien der §§ 4 und 5 ArbSchG zu beachten. Danach sind vorrangig technische, dann organisatorische und erst zuletzt persönliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu ergreifen. Das ArbSchG verpflichtet den Arbeitgeber, hierbei den Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. In der Gefährdungsbeurteilung ist für Maßnahmen des Arbeitsschutzes auf die konkrete Arbeitsumgebung und die jeweiligen Arbeitsabläufe abzustellen.
- In Umsetzung dieser gesetzlichen Verpflichtung kann der Arbeitgeber ein betriebliches Schutz- und Hygienekonzept je nach der betrieblichen Gefahrenlage einseitig anordnen. Die aus den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften abgeleiteten Anforderungen stellen dabei lediglich das Mindestmaß dessen dar, was zum Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmern und Dritten getan werden muss. Seine Regelungen müssen jedoch geeignet, erforderlich und angemessen sein.
- Der mit einem PCR-Test (Nasen-Rachen-Abstrich) verbundene Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist minimal. Er ist mit Blick auf die damit bei Einbettung in ein betriebliches Hygienekonzept verfolgten legitimen arbeitsschutzrechtlichen Ziele verhältnismäßig und gerechtfertigt, wenn die Anwendung der AHA-L-Regelung und technische Maßnahmen nicht ausreichen. Zusätzlich ist erforderlich, dass angesichts der aktuellen epidemischen Lage die Corona-Infektion eines Arbeitnehmers nicht völlig unwahrscheinlich ist und - im Falle ihres Eintritts - Dritte gefährden und betriebliche Störungen verursachen würde.
- Der Arbeitnehmer, der sich weigert, einen zulässigen Test zuzulassen, und deshalb keine Arbeitsleistung erbringt, hat keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Er kann fristlos entlassen werden, wenn er nachhaltig einen Test ablehnt und deshalb nicht beschäftigt werden kann.
1 www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsschutz/Gesundheit-am-Arbeitsplatz/Betrieblicher-
infektionsschutz/betrieblicherinfektionsschutz.html