Arbeitsstättenverordnung
Sie regelt Anforderungen an Beleuchtung, Belüftung, Raumtemperatur in Arbeits-, Pausen-, Bereitschafts- und Sanitärräumen, an Bildschirmarbeitsplätzen sowie an Telearbeitsplätzen.
Ehrenamtliche Mitarbeiter haben einen vertraglichen Anspruch auf gleichwertigen Schutz ihrer Gesundheit.
1. Geltungsbereich
Die Arbeitsstättenverordnung gilt grundsätzlich für alle Arbeitstätten und Arbeitsplätze. Alle Arbeitnehmer, auch geringfügig und kurzfristig Beschäftigte sowie Leiharbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, dass die Schutzvorschriften vom ersten Tag der Beschäftigung an eingehalten werden.
Nicht vom Anwendungsbereich der ArbStättV erfasst wird die beruflich bedingte "mobile Arbeit",
z. B. das gelegentliche Arbeiten mit dem Laptop in der Freizeit oder das ortsungebundene Arbeiten, z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Telearbeitsplätze, insbesondere Bildschirmarbeitsplätze, die vom Arbeitgeber für einen festgelegten Zeitraum im Privatbereich der Beschäftigten eingerichtet werden sollen, setzen eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer über die Arbeitszeit, die Arbeitszeiterfassung und die Einhaltung ergonomischer, sicherheitstechnischer und datenschutzrechtlicher Vorschriften voraus. Vor Aufnahme der Telearbeit ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.
2. Arbeitsschutz-Unterweisung
Die bisher schon bestehende Pflicht des Arbeitgebers zur Arbeitsschutz-Unterweisung der Beschäftigten wird konkretisiert. Sie muss vor der Arbeitsaufnahme erfolgen, mindestens einmal pro Jahr sowie bei einer wesentlichen Veränderung der Gefährdungslage wiederholt werden und auch Brandschutzmaßnahmen, Erste Hilfe, Fluchtwege und Notausgänge umfassen.
3. Gefährdungsbeurteilung
Für jeden Arbeitsplatz ist zu ermitteln, welchen Gefahren der Arbeitnehmer ausgesetzt wird und welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Gefährdung auszuschließen bzw. auf ein erträgliches Maß zu verringern. Gefahren können sich ergeben
- aus dem Aufenthalt im Arbeitsraum (Sichtverbindung nach außen, Beleuchtung, Raumtemperatur, Licht, Luft),
- durch Arbeitsmaterial und Arbeitsmittel (Computer, sonstige technische Ausrüstung, medizinische Geräte, Gefahrstoffe) sowie
- durch die Art der Arbeit (Nachtarbeit, körperliche Belastungen).
Auch psychische Belastungen müssen - falls bisher unterlassen - in die Beurteilung einbezogen werden. Psychische Belastungen entstehen u. a. durch Gewalt oder Belästigung am Arbeitsplatz, störende Geräusche oder Lärm, ungeeignete Beleuchtung oder ergonomische Mängel am Arbeitsplatz.
4. Arbeitsstättenregeln (ASR)
Für zahlreiche Anwendungsbereiche hat der "Ausschuss für Arbeitsstätten", dem Vertreter der Arbeitsschutzbehörden, der Unfallversicherungsträger und der Wissenschaft angehören, Arbeitsstättenregeln (ASR) erarbeitet. Arbeitgeber können aus ihnen ableiten, wie sie sich konkret verhalten müssen, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.
www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitsstaetten/ASR/ASR_content.html
- ASR V3a.2 - Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten
- ASR A1.2 - Raumabmessungen und Bewegungsflächen
- ASR A1.3 - Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung
- ASR A1.5/1,2 - Fußböden
- ASR A1.6 - Fenster, Oberlichter, lichtdurchlässige Wände
- ASR A1.7 - Türen und Tore
- ASR A1.8 - Verkehrswege
- ASR A2.1 - Schutz vor Absturz und herabfallenden Gegenständen, Betreten von Gefahrebereichen
- ASR A2.2 - Maßnahmen gegen Brände
- ASR A2.3 - Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan
- ASR A3.4 - Beleuchtung
- ASR A3.4/3 - Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme
- ASR A3.5 - Raumtemperatur
- ASR A3.6 - Lüftung
- ASR A4.1 - Sanitärräume
- ASR A4.2 - Pausen- und Bereitschaftsräume
- ASR A4.3 - Erste-Hilfe-Räume, Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe
- ASR A4.4 - Unterkünfte
Die ASR enthalten zum Zeitpunkt der Bekanntgabe den aktuellen Stand der Technik. Wendet der Arbeitgeber die ASR an, kann er davon ausgehen, dass er die Vorgaben der ArbStättV einhält (Vermutungswirkung).
Eine Verpflichtung zur Anwendung der ASR schreibt die Arbeitsstättenverordnung nicht vor. Weicht der Arbeitgeber aber von einer ASR ab, muss er die ermittelten Gefährdungen auf andere Weise so beseitigen oder verringern, dass dabei das gleiche Schutzniveau wie in der ASR erreicht wird. In diesem Falle kann er davon ausgehen, dass die Arbeitsschutzbehörde die getroffenen Arbeitsschutzmaßnahmen nicht beanstandet.
Entstehen neue Anforderungen aufgrund der Fortentwicklung des Standes der Technik, ist durch eine neue Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln, ob die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung erfüllt werden.
5. Regelungen für einzelne Schutzbereiche
5.1 Sitzgelegenheiten
Kann die Arbeit ganz oder teilweise sitzend verrichtet werden oder lässt es der Arbeitsablauf zu, sich zeitweise zu setzen, sind den Beschäftigten am Arbeitsplatz Sitzgelegenheiten zur Verfügung zu stellen.
Können aus betriebstechnischen Gründen keine Sitzgelegenheiten unmittelbar am Arbeitsplatz aufgestellt werden, obwohl es der Arbeitsablauf zulässt, sich zeitweise zu setzen, müssen den Beschäftigten in der Nähe der Arbeitsplätze Sitzgelegenheiten bereitgestellt werden (Abschnitt 3.3 Abs. 2 Anhang zur ArbStVO).
5.2 Umkleideräume
Umkleideräume müssen leicht zugänglich und von ausreichender Größe und sichtgeschützt eingerichtet werden; entsprechend der Anzahl gleichzeitiger Benutzer muss genügend freie Bodenfläche für ungehindertes Umkleiden vorhanden sein. In Umkleideräumen sind Abfallbehälter, Spiegel und Kleiderablagen bereitzustellen.
Umkleideräume müssen mit Sitzgelegenheiten sowie mit verschließbaren Einrichtungen ausgestattet sein, in denen jeder Beschäftigte seine Kleidung aufbewahren kann. Für je vier Beschäftigte, die den Umkleideraum gleichzeitig nutzen, muss mindestens eine Sitzgelegenheit zur Verfügung stehen.
Wenn mehrere Beschäftigte die Umkleideräume gleichzeitig nutzen, muss für jeden Beschäftigten eine Bewegungsfläche von 0,5 m2 im Raum vorhanden sein (Abschnitt 7.3 und 7.4 ASR A4.1).
5.3 Umkleideräume
Jedem Beschäftigten muss mindestens eine Kleiderablage zur Verfügung stehen, sofern keine Umkleideräume vorhanden sind (Abschnitt 3.3 Abs. 1 Anhang zur ArbStVO). Zur Aufbewahrung der Kleidung muss für ihn eine ausreichend große, belüftete und abschließbare Einrichtung mit Ablagefach vorhanden sein.
Außerdem hat jeder Beschäftigte Anspruch auf eine sichere Ablagemöglichkeit für Gegenstände, die jeder Mensch normalerweise bei sich hat bzw. bei sich haben muss wie z. B. Führerschein, Personalausweis, Uhr, Geldbörse mit angemessenem Geldbetrag, Smartphone.
5.3.1 Mindestanforderungen (Größe und Trennbarkeit)
Werden Schränke bereitgestellt, ist ein Mindestmaß von 0,30 m x 0,50 m x 1,80 m (Breite x Tiefe x Höhe) einzuhalten.
Kleiderschränke für Arbeitskleidung und Schutzkleidung sind von Kleiderschränken für persönliche Kleidung und Gegenstände zu trennen, wenn die Umstände dies erfordern.
Ist für persönliche Kleidung sowie für Arbeits- und Schutzkleidung eine getrennte Aufbewahrung erforderlich, sind zwei derartige Schrankteile oder ein geteilter Schrank in doppelter Breite notwendig.
5.3.2 Verschließbarkeit (Haftung bei Diebstahl)
Die Sicherung des Spindes gegen den unberechtigten Zugriff Dritter muss sich - bezogen auf den konkreten Grad der Gefährdung - auf dem aktuellen Stand der Technik befinden.
Hat der Arbeitgeber das Spind nicht ausreichend gesichert, kann es beispielsweise von einem einschlägig versierten Täter mit wenigen Handgriffen geknackt werden, ist der Arbeitgeber grundsätzlich ersatzpflichtig.
Seine Haftung ist beschränkt auf Ersatz für die Gegenstände, die ein Arbeitnehmer normalerweise mit zur Arbeit bringt. Hat der Arbeitnehmer teuren Schmuck, eine große Summe Bargeld, ein überdurchschnittlich teures Smartphon abgelegt, steht ihm Schadensersatz nur in der Höhe des durchschnittlichen Wertes der entwendeten Gegenstände zu. Schadensersatz ist nicht zu leisten für Gegenstände, zu deren Sicherung der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist.
Hat der Arbeitgeber den Spind gegen zu erwartende Eingriffe ausreichend gesichert, wird dieser aber, beispielsweise durch Sprengung, aufgebrochen, so ist der Arbeitgeber nicht zum Ersatz des durch die Entwendung für den Mitarbeiter eingetretenen Schaden verpflichtet, weil ihm keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann.
5.3.3 Spind-/Schrankkontrollen
Der persönliche Schrank eines Arbeitnehmers und dessen Inhalt sind Teil der Privatsphäre. Die Öffnung durch den Arbeitgeber ohne vorherige wirksame Einwilligung des Arbeitnehmers ist regelmäßig ein schwerwiegender Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs.1 GG). Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, die Einwilligung zu erteilen, wenn weniger in die Privatsphäre eingreifende Beweismöglichkeiten zur Verfügung stehen, beispielsweise Tor- oder Personenkontrollen. Auch diese berühren zwar die Persönlichkeitssphäre sowie das Ehrgefühl des Mitarbeiters und bedürfen daher grundsätzlich der Einwilligung. Bei Bestehen konkreter Anhaltspunkte für einen Diebstahl hat der Arbeitnehmer aber die Kontrolle zu dulden und Hand- oder Aktentaschen zu öffnen. Abtasten oder körperliche Durchsuchungen sind nur ausnahmsweise zulässig (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2013 - 2 AZR 546/12, NZA 2014).