Offen und ehrlich
Caritas in NRW: Welche Idee steht hinter der Suchtselbsthilfe - und warum gibt es den katholischen Kreuzbund mit seinen Gruppen?
Winfried Kersting: Eine Kreuzbund-Gruppe ist zunächst mal notwendig, um Hilfesuchenden eine Wahl zwischen verschiedenen Hilfeanbietern zu ermöglichen. Aufgrund des Subsidiaritätsprinzips verpflichtet sich der Staat soweit wie möglich freie Träger in das Hilfesystem einzubinden und hierbei zu unterstützen. Und als Gruppe katholischen Ursprungs unterstützen sich Kreuzbundmitglieder dann auch bei der Beantwortung von Fragen, vor die jeder Mensch gestellt ist, der ehrlich mit sich umgeht, wie etwa die Fragen nach dem Woher, Wohin und dem Sinn des Lebens. Die Beantwortung der Frage nach dem Sinn des Lebens ist oft wichtig, um zu wissen, warum es sich lohnt, aus der Sucht auszusteigen.
Caritas in NRW: Was leistet eine Kreuzbund-Gruppe?
Winfried Kersting: In einer Kreuzbund-Gruppe ist jede und jeder willkommen, gleich welcher Religion, Hautfarbe oder Stand. Das Prinzip ist "Hilfe zur Selbsthilfe" durch das offene Gespräch und die persönliche Begegnung. Alle sprechen offen über sich, über Erfolge und Freuden, über Sorgen und Nöte, hören einander zu und erfahren so, wie andere den Weg aus der Suchtkrankheit gefunden haben. Voraussetzung für einen vertrauensvollen Umgang innerhalb der Gruppe ist die Verschwiegenheit nach außen. Viele Menschen schaffen den Ausstieg aus der Sucht alleine mit Hilfe der Gruppe. Es gilt der Satz: "Du musst es selbst schaffen, aber du schaffst es nicht allein."
Caritas in NRW: Wer kann sich an eine Kreuzbund-Gruppe wenden?
Winfried Kersting: Alle Menschen, die Fragen zu einer Suchtkrankheit haben, sowohl Betroffene als auch Angehörige. Traditionell war der Kreuzbund zwar zunächst für alkohol- und medikamentenabhängige Menschen da. Mittlerweile ist er zunehmend für alle Suchtkrankheiten, legale und illegale und auch für nichtstoffgebundene Abhängigkeiten, wie die Spielsucht zuständig.
Caritas in NRW: Was macht den Kreuzbund aus?
Winfried Kersting: Der Kreuzbund ist die Suchtselbsthilfe der katholischen Kirche. Er ist eine Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige. Die Gruppenleiter werden vom Kreuzbund-Diözesanverband kompetent ausgebildet und in ihrer Arbeit auch weiterhin unterstützt, wie etwa durch Gespräche und unterschiedliche Seminare. Die Gruppenmitglieder beschäftigen sich nicht nur mit ihrer Sucht, sondern gestalten auch gemeinsam einen Teil ihrer Freizeit. Sie nennen sich "Weggefährten", die sich gegenseitig auf ihrem Lebensweg begleiten. Durch die Einbindung in einen starken Verband können sie sich auch gesellschaftlich engagieren, um etwa Vorurteile gegenüber suchtkranken Menschen abzubauen.
Caritas in NRW: Was hat der Kreuzbund mit der Caritas zu tun?
Winfried Kersting: Der Kreuzbund ist ein Fachverband des Caritasverbandes. Hierdurch ist eine enge Zusammenarbeit mit den hauptberuflichen Suchtberatern der Caritas gegeben. Suchtberatung und Suchttherapie sind zeitlich begrenzt, eine Mitgliedschaft im Kreuzbund nicht. Durch die Zusammenarbeit mit der örtlichen Caritas ist bei Bedarf auch die Vermittlung in andere Hilfebereiche, wie etwa der Schuldnerberatung gut möglich.
Die Fragen stellten Markus Jonas und Markus Lahrmann